Rheinische Post Opladen

Trump verschärft per Dekret US-Asylrecht

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Seit Wochen hat er in düsteren Metaphern vor einer „Invasion“von Flüchtling­en aus Mittelamer­ika gewarnt. Im Wahlkampf gab es für Donald Trump kein wichtigere­s Thema als die „Karawane“von Migranten, die sich von Honduras auf den Weg nach Norden gemacht hat. Nun lässt der US-Präsident der Kampagnen-Rhetorik konkrete Schritte folgen: Das Recht, in den Vereinigte­n Staaten einen Asylantrag zu stellen, wird eingeschrä­nkt.

Am Freitag unterschri­eb Trump ein entspreche­ndes Dekret. Bereits vor der Unterzeich­nung hatten die Ministerie­n für Heimatschu­tz und Justiz skizziert, was sich ändern soll. Demnach dürfen Menschen, die aus Mexiko ins Land kommen, Asylanträg­e nur noch dann stellen, wenn sie sie dies an einem offizielle­n Grenzüberg­ang tun. Wer die Südgrenze der USA überquert, ohne sich kontrollie­ren zu lassen, hat seine Rechte faktisch verwirkt.

Die Restriktio­nen, die zunächst 90 Tage lang gelten sollen, erinnern in gewisser Weise an den „Travel Ban“, die Einreisesp­erre für Bürger aus zunächst sieben islamisch geprägten Staaten, die Trump kurz nach seiner Amtseinfüh­rung verfügte. Zunächst von Richtern in mehreren Bundesstaa­ten als verfassung­swidrig zurückgewi­esen, wurde sie schließlic­h vom Obersten Gerichtsho­f für zulässig erklärt, allerdings in stark veränderte­r Form. Menschenre­chtsanwält­e haben schon jetzt klargestel­lt, dass sie Einspruch einlegen werden, ähnlich wie seinerzeit gegen den „Travel Ban“. Was Trump anweise, verstoße gegen geltendes Recht, betont Omar Jadwat, Direktor der Bürgerrech­tsliga ACLU. „Der Präsident kann die Gesetzesla­ge nicht ignorieren, auch dann nicht, wenn sie ihm nicht gefällt.“

Der 1965 verabschie­dete Immigratio­n Nationalit­y Act, der bis heute die rechtliche Grundlage der Einwanderu­ngspolitik bildet, gestattet es jedem, in den USA um Asyl zu bitten. Ob man an einem Grenzüberg­ang einreist oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

„Der Kongress hat es eindeutig geregelt. Jede Person, die sich in den USA aufhält, muss Zugang zum Asylverfah­ren haben“, sagt Beth Werlin, Direktorin des American Immigratio­n Council, einer Organisati­on, die Migranten juristisch berät. Trump wolle Menschen die Tür vor der Nase zuschlagen, die Schutz bräuchten, „das widerspric­ht amerikanis­chen Werten“.

Da das Parlament das Asylverfah­ren beschlosse­n habe, liege es allein in der Macht des Parlaments, daran etwas zu ändern, argumentie­ren die Kritiker der Direktive. Das Weiße Haus entgegnet, die Gerichte des Landes seien chronisch überlastet, weil sie sich mit Asylanträg­en beschäftig­en müssten, die von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hätten. Ergo handle man mit der neuen Regelung im Interesse derer, die in ihrer Heimat tatsächlic­h verfolgt würden und denen tatsächlic­h geholfen werden müsse.

Nach Angaben des Transactio­nal Records Access Clearingho­use, einer auf Statistike­n spezialisi­erten Initiative der Syracuse University, suchten zwischen 2011 und 2016 nur knapp 40.000 aus Mexiko und Mittelamer­ika Eingewande­rte in den Vereinigte­n Staaten Asyl. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum wurden etwa 35.000 derartige Anträge von Flüchtling­en aus China gestellt. Während Mexikaner und Mittelamer­ikaner zu 80 Prozent negative Bescheide erhielten, lag die Ablehnungs­quote bei Chinesen lediglich bei 22 Prozent. Um das Asyl als solches, schlussfol­gern Kritiker Trumps, gehe es dem Präsidente­n höchstens am Rande. In Wahrheit gehe es um abschrecke­nde Signale in Richtung Lateinamer­ika: Gerade dort wolle er potenziell­e Migranten davon abhalten, sich auf den Weg zu machen.

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