Das Geld bestimmt die Politik
Wer wissen will, wie eine Regierung politisch tickt, sollte ihren Etat studieren. Das nüchterne Zahlenwerk sagt mehr aus als jede flammende Rede.
Das Ringen um den Bundeshaushalt gehört eher zu den langweiligen Teilen der Politik. Wenn der Haushaltsausschuss in seiner Bereinigungssitzung wie am vergangenen Donnerstag die Millionen und Milliarden zu mitternächtlicher Stunde hin- und herschiebt, sind die Profis unter sich. Zu Unrecht. Denn die einzelnen Posten geben auf Euro und Cent genau die Richtung an, die eine Koalition einschlägt. Schauen wir uns den diesjährigen Bundeshaushalt genauer an. Die Ausgaben betragen 356,4 Milliarden Euro, rund zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Innerhalb des Bundesetats fällt auf, dass der größte Einzelposten, der Etat für Arbeit und Soziales, 145,3 Milliarden umfasst. Er macht damit mehr als 40 Prozent des Etats aus. Der Sozialstaat ist also die erste Sorge der Koalitionäre – mit steigender Tendenz. Demgegenüber ist der Etat des Verteidigungsministeriums zwar um fast fünf Milliarden auf 43,2 Milliarden gestiegen, aber er macht nur das Vierfache des Entwicklungshilfeetats aus. Sehr kriegerisch kann man die Bundesrepublik nicht nennen. Für Straßen, Schienen und die digitale Infrastruktur werden nur knapp 30 Milliarden Euro ausgegeben. Von wegen Offensive, denn auch der Zuwachs von vier Prozent hält sich in Grenzen.
Wer wissen will, welche Prioritäten eine Regierung hat und welche Themen ihr nicht so wichtig sind, sollte einen Blick in das Zahlenwerk werfen. Nicht umsonst heißt es das Logbuch der Nation.