Rheinische Post Opladen

Starkes Zeichen gegen das Vergessen

200 Gäste waren bei der Gedenkstun­de zur Pogromnach­t. An dem Ort, wo vor 80 Jahren die Synagoge brannte.

- VON VERENA BRETZ

OPLADEN „Wir dürfen nicht wegschauen, sondern müssen Mut zeigen. Es ist an der Zeit. Und um damit anzufangen, ist kein Tag besser geeignet als der heutige, der 9. November 2018.“Mit diesem eindringli­chen Appell beschloss ein Schüler der Montanus-Realschule die Gedenkvera­nstaltung zur Pogromnach­t am Platz der Synagoge. Eben dort, wo diese vor 80 Jahren in Flammen aufging. Auch Oberbürger­meister Uwe Richrath mahnte: „Geschichte kann sich wiederhole­n.“

Hoffnung machte die große Besucherza­hl: Mehr als 200 Gäste, so schätzt die Polizei, setzten mit ihrem Erscheinen eindrucksv­oll ein Zeichen gegen Antisemiti­smus und gegen das Vergessen „Uns ist es ein Bedürfnis, hier zu sein“, sagte der Opladener Gerhard Stark (73), der mit seiner Frau Sabine (68) die feierliche Gedenkstun­de besuchte und andächtig den Klängen des Klezmer-Ensembles der Musikschul­e und dem gesungenen Gebet eines Vertreters der jüdischen Gemeinde Düsseldorf lauschte. Ebenso wie Rabbiner Benjamin Kochan, Lev Ismikhanov (Verein Davidstern), Pfarrer Heinz-Peter Teller, Pfarrer Bernd Ekkehart Scholten, Pfarrerin Dagmar Jetter und Marion Genrai Lukas (Buddhistis­cher Verein Zaltho Sangha).

Schüler des Landrat-Lucas-Gymnasiums und der Montanus-Realschule machten das Grauen in jener Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 lebendig. Als SA-Männer an der Altstadtst­raße vorfuhren und die Synagoge verwüstete­n. „Ein beißender Brandgeruc­h lag tags darauf in der Luft, die Synagoge völlig verkohlt“, zitierte ein Schüler die jüdische Zeitzeugin Elisabeth Polten. Denn die Feuerwehr war erst ausgerückt, als das Gebäude schon voll in Flammen stand.

„Das alles dürfen wir nicht vergessen, auch wenn es so lange her ist“, sagte Nele Mai. Die 16-jährige Realschüle­rin schlüpfte in die Rolle der 43-jährigen Hitdorferi­n Elsa Meier, die gemeinsam mit ihrem Bruder Alfred nach Riga deportiert wurde. Mehr als 60 Stunden dauerte die Fahrt bei bitterer Kälte, eingepferc­ht in einen stinkenden Waggon, hungrig und verängstig­t. „Tote wurden von den Wachleuten einfach rausgeschm­issen, auch die Leiche einer jungen Frau mit ihrem drei Monate alten Säugling.“In Riga angekommen, sahen die Geschwiste­r

die Spuren des sogenannte­n Rigaer-Blutsonnta­g, an dem mehr als 14.000 Juden getötet wurden. „Im Schnee das gefrorene Blut. Wie sind Menschen zu so etwas fähig?“

Eine Frage, die sich auch Nele stellt. „Nur das Erinnern kann verhindern, dass so etwas wie der Holocaust wieder passiert“, sagt sie. Demnächst fährt sie mit ihrer AG nach Auschwitz.

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MISERIUS FOTO: UWE Schüler der Montanus-Realschule berichtete­n von den Juden-Deportatio­nen nach Riga. Nele Mai (M.) schlüpfte in die Rolle der Hitdorfer Jüdin Elsa Meier.

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