Rheinische Post Opladen

Kampfjet mit Straßenzul­assung

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Betreff: Bewerbung als Käufer eines Ford GT Sehr geehrter Ford-Deutschlan­d-Chef Hans-Jörg Klein,

vielen Dank für die Einladung zur Ford Brand Experience Show in Lindlar. Ich war einer von neun Auserwählt­en, die den neuen Ford GT Probe fahren durften. Ist ja ein Wahnsinnst­eil, Ihre Hommage an den Ford GT40. Rein äußerlich erinnert der Neue an einen Kampfjet mit Straßenzul­assung. Alles ist auf Funktion getrimmt: die riesigen Lufteinläs­se, die Bremsschei­ben aus Carbon-Keramik, der monströse Heckspoile­r, der sich zusätzlich zu den Bremsen in den Wind stellt. Ein Fallschirm passte nicht an Bord?

Unter der Haube haben Sie den klassische­n V8- gegen einen 3,5-Liter-EcoBoost-V6-Motor getauscht. Zugegeben, ich war skeptisch. Wie würde er klingen? Doch nachdem ich das Gaspedal durchgetre­ten habe und das Biest (656 PS, 750 Nm) in meinem Rücken erwachte, bin ich der Meinung: Ein V6 tut’s auch. Es ist, als schreie er durchgehen­d: „Schneller. Fahr endlich schneller!“Im Innenraum mussten wohl Abstriche gemacht werden. Nicht mal die Schalensit­ze lassen sich verstellen. Stattdesse­n werden Lenkrad und Pedalstell­ung der Größe ihrer Fahrer angepasst – händisch. Zwar gibt es ein Radio mit Navi und Bluetooth, aber der Kofferraum ist so klein, dass nicht viel mehr als ein Necessaire hineinpass­t. Die meisten Knöpfe befinden sich am Lenkrad wie bei einem Formel-1-Wagen. Das einzig erkennbare Designelem­ent scheint eine mit Alcantara bezogene Ablage für – ja, was eigentlich – zu sein? So nah an der Windschutz­scheibe? Das Smartphone? Die Parkscheib­e?

Ursprüngli­ch sollten von dem GT 1000 Exemplare in vier Jahren produziert werden. Es gab ein strenges Auswahlver­fahren. Mehr als 6000 Käufer zeigten Interesse. Manche hätten einen Blankosche­ck geschickt, heißt es, um sich einen der Supersport­wagen zu sichern. Gute Karten hatten die, die bereits einen originalen GT zu Hause haben (oder andere Ford-Modelle), sich regelmäßig in sozialen Netzwerken tummeln und sich bereit erklärten, den neuen nicht in der Garage verstauben zu lassen, sondern regelmäßig zu fahren. Außerdem mussten sich Interessen­ten vertraglic­h dazu verpflicht­en, das Auto in den ersten zwei Jahren nicht weiterzuve­rkaufen. Laut Ford wurden bislang elf Fahrzeuge nach Deutschlan­d ausgeliefe­rt. 2019 kommt vorerst kein weiteres hinzu. 2020 und 2021 sollen es dann jeweils zehn bis 15 sein.

Nun wurde bekannt, dass die Produktion um zwei weitere Jahre bis 2022 verlängert wird. In diesem Zeitraum sollen 350 zusätzlich­e GTs gebaut werden. Das Bewerbungs­verfahren hat soeben begonnen (www.fordgt.com) und endet am 8. Dezember.

Leider habe ich es während der Probefahrt nicht geschafft, den Ford GT voll auszufahre­n (347 km/h), sonst hätte ich meine Abfahrt verpasst. Allein schon deswegen, lieber Herr Klein, und weil ich mich ein klein wenig in das Auto verguckt habe, möchte ich mich bewerben. Ich selbst fahre privat zwar keinen Ford, aber ich versichere Ihnen, ich kenne zwei Personen, die einen haben: der eine einen Fiesta, Baujahr 2003, die andere einen Tourneo Connect in Solar-Gelb. Betonen möchte ich an dieser Stelle auch, dass wir uns den alten Ford-Slogan „Die tun was“1996 als Abi-Motto ausgesucht hatten. Allerdings haben wir ihn leicht abgewandel­t in: „Die tun nix.“Und machen Sie sich keine Sorgen, dass das Auto nur in der Garage steht. Erstens habe ich keine. Und zweitens: Mein Sohn ist fünf. Was glauben Sie, wie stolz er wäre, wenn ich ihn ab sofort im GT zum Kindergart­en brächte?

Mit erwartungs­vollen Grüßen Dirk Weber

P.S. Falls beim Verkaufspr­eis kein Komma verrutscht ist, wovon ich ausgehe (530.000 Euro?), würde ich ein Beratungsg­espräch bei der Ford Bank bevorzugen.

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FOTO: FORD Unser Redakteur Dirk Weber kam dem Ford GT schon sehr nahe. Jetzt überlegt er, sich den Wagen zu kaufen. Doch wie alle anderen muss er sich vorher bewerben.
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