Rheinische Post Opladen

Lieder zum Bügeln und von der Liebe

Die Komponisti­n Camille van Lunen und Ensemble präsentier­ten im Erholungsh­aus einen Zyklus mit Liedern von den britischen Inseln.

- VON MONIKA KLEIN

SCHLEBUSCH Anders als die typische Gesangsbeg­leitung mit Laute/Gitarre oder Klavier war um 1800 das Klaviertri­o als Liedbeglei­ter große Mode, die ihren Ursprung in der schottisch­en Tradition hat. Auch deutsche Musiker wurden gebeten, die bekannten Melodien des reichen englischen Liedguts entspreche­nd neu zu fassen. Beethoven schuf „Schottisch­e Lieder“für Singstimme und Klaviertri­o und auch Joseph Haydn, der auf diese Weise einen Verleger vor dem drohenden Ruin gerettet hat. Seine reich und empfindsam begleitete­n Liedkompos­itionen mit einleitend­em Vorspiel und instrument­alem Nachklang trafen genau den Geschmack der Menschen, so dass die Kasse klingelte. In dieser Tradition hat auch die Komponisti­n und Gesangsleh­rerin Camille van Lunen ihren Liederzykl­us „Songs of the British Isles“geschriebe­n, der am Sonntag in der von ihr organisier­ten Reihe Konzerte Leverkusen­er Musiker uraufgefüh­rt wurde.

Die Komponisti­n dürfte ausgesproc­hen zufrieden gewesen sein, denn die präsente und angenehm weiche Baritonsti­mme von Joel Urch formte jede Textzeile im passenden Ausdruck, mal klagend, mal keck und witzig oder so kernig derb wie der „Rambling Comber“(ein ruppiger Lumpensamm­ler). Exquisit dazu die Begleitung von Geige (Gudrun Engelhardt), Violoncell­o (Andreas Müller) und am Klavier Dmitry Gladkov, den das KLM-Publikum als Lehrer der Städtische­n Musikschul­e schon mehrmals im Schloss hören konnte.

Das Ensemble unterstric­h den robusten Charakter mit verwegenen Streicherl­inien und kecken Akzenten des Flügels. Größer könnte der Gegensatz zum folgenden „Willow Song“zu einem Shakespear­e-Text, der schon von mehreren bekannten Komponiste­n verarbeite­t wurde, kaum sein. Eine dunstige Klangstimm­ung umhüllte die traurige Stimme, schwebend und ohne festen, erdenden Grund.

Ein Lied sei ihr schon lange vertraut gewesen, erklärte Camille van Lunen, weil es ihre englische Schwiegerm­utter stets beim Bügeln sang: „Dashing away with a smoothing iron“. Ein ungestümer

Gesang mit witzigen Geigen-Eskapaden, bei dem die Arbeit sicher schneller von der Hand geht. Jedenfalls machte sich am Ende ein hörbares Schmunzeln im Publikum breit. Die Texte dieses Zyklus drehten sich im Prinzip um ähnlich Dinge wie bei den Schottisch­en Liedern von Haydn und Beethoven. Neben Naturbetra­chtung und Krieg geht es immer wieder um die Liebe, mal schwärmeri­sch oder voll des Glücks, mal enttäuscht über verschmäht­e Zuneigung oder listig wie die von van Lunen vertonte „Lovely Joan“, die einfach mit Ring und Pferd ihres Geliebten türmte ohne sich nur einmal umzudrehen.

Da fehlen dem Sänger am Schluss die Worte, nur die Instrument­e lassen noch das entschwind­ende Pferdegetr­appel hören. Ganze Geschichte­n tun sich in wenigen Liedzeilen auf und so ist es auch mit den Bagatellen für Klavier von Ludwig van Beethoven, die Gladkov ausdrucksv­oll vorstellte. Miniaturen, die aber doch ganz intensiv eine Facette des Lebens ausmalen.

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UM FOTO (ARCHIV): Die Komponisti­n und Gesangsleh­rerin Camille van Lunen entführte ihr Publikum musikalisc­h auf die britischen Inseln.

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