Rheinische Post Opladen

Was Eltern wollen, was Lehrer wollen

Eine Umfrage zeigt: Zwischen beiden Gruppen gibt es viel Konsens – und Zielkonfli­kte.

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Reden wir mal über ein Thema, das zwischen Lehrplänen, Haushaltsz­ahlen und Stundentaf­eln bisweilen zu kurz kommt: Werte. Ohne Werte ist eine Demokratie hohl. Dem Verband Bildung und Erziehung kommt das Verdienst zu, eine Erhebung zu Werten von Lehrern und Eltern in Auftrag gegeben zu haben – mit interessan­ten Resultaten.

Kurz gesagt: Eigenveran­twortlichk­eit, Achtung der Menschenre­chte, Selbststän­digkeit, friedliche Konfliktlö­sung – all das sind Ziele, die fast alle Eltern und Lehrer wichtig finden. Insgesamt sind die Eltern auch ganz zufrieden mit den Schulen, wenn sie auch ihre Zweifel haben, ob etwa ihre Kinder wirklich aufs Leben vorbereite­t werden. Wirklich spannend wird es bei den Diskrepanz­en: bei Anerkennun­g kulturelle­r Vielfalt (finden Lehrer wichtiger als Eltern) und Heimatverb­undenheit (finden Eltern wichtiger als Lehrer). Das bestätigt auf den ersten Blick das Klischee vom linken Studienrat. Die Wahrheit scheint aber etwas komplexer zu sein. Genaueres Hinsehen zeigt nämlich, dass die Eltern keineswegs einfach konservati­v oder gar reaktionär, sondern eher ernüchtert antworten, was etwa Multikultu­ralität angeht. Lehrer sind deutlich zuversicht­licher. Anders gesagt: Eltern scheinen eher zu den Skeptikern zu gehören, Lehrer zu den Idealisten. Man kann auch aus diesen Zahlen eine zunehmende Spaltung der Gesellscha­ft herauslese­n, eine Abkopplung der Institutio­nen vom „normalen“Bürger. Vielleicht offenbart die Erhebung aber auch einfach nur eine produktive Spannung zwischen zwei Möglichkei­ten, die Welt zu sehen. Denn wo außer in der Schule sollte man (neben Algebra und Vokabeln, schon klar) lernen, dass man von einer besseren Welt nicht nur träumen muss, sondern etwas dafür tun kann? Der Ernst des Lebens beginnt noch früh genug.

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