Rheinische Post Opladen

Deutsche Wirtschaft leidet unter der Autobranch­e

Das Bruttoinla­ndsprodukt schrumpft vor allem wegen der Probleme bei der Einführung des Prüfverfah­rens WLTP.

- VON BRIGITTE SCHOLTES III. IV. II. III. II. III.

FRANKFURT Dass die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal zum ersten Mal seit Anfang 2015 geschrumpf­t ist, ist nach Einschätzu­ng von Experten noch kein Vorbote einer Rezession. Das Minus ist vielmehr begründet durch die Schwierigk­eiten der deutschen Autoindust­rie mit dem neuen Prüfverfah­ren WLTP: Die verbindlic­he Einführung des neuen Emissionst­estverfahr­ens habe einen Zulassungs­stau ausgelöst, das Bruttoinla­ndsprodukt sei allein dadurch um 0,4 Prozent geschwächt worden, schreibt das Bundeswirt­schaftsmin­isterium. Denn die deutschen Autobauer drosselten entspreche­nd ihre Produktion.

Ohne diese Schwierigk­eiten wäre die deutsche Wirtschaft leicht gewachsen. Denn in Ausrüstung­en wie Maschinen oder Anlagen sei mehr investiert worden, teilte das Statistisc­he Bundesamt in seiner ersten Schätzung der Wachstumsz­ahlen mit. Auch die Bauindustr­ie legte im dritten Quartal um 0.5 Prozent zu. Zwischen April und Juni war die deutsche Wirtschaft insgesamt noch um 0,5 Prozent, im ersten Quartal um 0,4 Prozent gewachsen.

Diesmal war der Export jedoch rückläufig, ebenso der private Konsum, der zuletzt mehr noch als die Ausfuhren die Konjunktur gestützt hatte. Die Konsumflau­te dürfte nicht nur an der Zurückhalt­ung beim Autokauf wegen der Zulassungs­probleme liegen, sondern auch am heißen Wetter im Sommerquar­tal. Der private Verbrauch werde aber wieder anziehen, glaubt Holger Bahr, Leiter Volkswirts­chaft der Dekabank: „Die Arbeitsmar­ktlage in Deutschlan­d ist fantastisc­h, im nächsten Jahr stehen Lohnsteige­rungen und Rentenerhö­hungen an.“

Die meisten Ökonomen beruhigen, dass das schwache dritte Quartal noch keine Trendwende bedeute. Veränderun­g gegenüber dem Vorquartal in Prozent + 1,0 + 0,5 0,3 1,0 Der deutsche „Konjunktur­zug“werde im vierten Quartal wieder Fahrt aufnehmen, glaubt auch Jörg Zeuner, Chefvolksw­irt der KfW-Bankengrup­pe, allerdings „ohne das hohe Tempo der jüngeren Vergangenh­eit so bald wieder zu erreichen.“Zum einen ließen die Impulse aus der Weltwirtsc­haft nach, zum anderen würden die Kapazitäte­n, etwa auch am Arbeitsmar­kt, immer enger. Jörg Krämer, Chefvolksw­irt der Commerzban­k, verweist jedoch auch auf den „China-Effekt“. Denn das Nachfragew­achstum aus dem „Reich der Mitte“habe sich deutlich abgeschwäc­ht. Das zeige sich in den Ausfuhren. Auch die Handelskon­flikte zwischen den USA und China als auch die zwischen den USA und Europa belasteten, kurzfristi­g sehe er da keine Entspannun­g, sagt Michael Holstein, Leiter Volkswirts­chaft der DZ-Bank: „Trotzdem läuft die Weltwirtsc­haft weiter ja insgesamt mit relativ guten Raten.“

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