60 plus – bequem leben mit Helferlein
Viele Senioren sind heute noch ziemlich fit. Sie leben bewusst und mögen auch einen hochwertigen Wohnstil.
„Silver ager“, „best generation“, „Senioren“– Werbung und Marketing versuchen seit langem, den ungeliebte Begriff „alt“zu umgehen und erdenken neue Begriffe für Menschen, die jenseits der 60 oder 70 sind, sich aber noch ziemlich fit fühlen und auch so aussehen. Ihnen und ihren Bedürfnissen ist mit althergebrachten Angeboten nicht mehr beizukommen. Diese Frauen und Männer sind meist gesund, sportlich, leben (und essen) sehr bewusst, dennoch genussbetont. Und sie haben sehr genaue Vorstellungen von der Ausstattung ihrer Wohnung oder ihres Hauses.
Man könnte es in einem Satz so zusammenfassen: Die Schrankwand ist out. Angesagt sind qualitativ hochwertige, schick gestylte und am Komfort orientierte Möbel, sagen Fachleute aus dem Möbelhandel. Und so selbstverständlich, wie man eine Brille trägt oder ein Hörgerät, werden auch im Haushalt Helferlein genutzt. Das Ganze gern elektrisch und mit Fernbedienung. Der bequeme Sessel beispielsweise hilft dank sanfter Hebetechnik diskret (also mit unsichtbarer Technik) beim Aufstehen, wenn man aus der sitzenden Position wieder in die aufrechte will.
Im Kleiderschrank ersparen es einem motorgetriebene Kleiderlifte, die oben liegenden Stücke nur mit einer Leiter (Unfallgefahr!) erreichen zu können. Im bewusst hohen Bett (problemlos beim Aufstehen!) schafft ein verstellbarer Lattenrost, kombiniert mit einer entsprechenden Matratze, den jeweils erwünschten Komfort beim Schlafen, Fernsehen oder Lesen. Selbst Matratzen mit passender Ausstattung für Krankheitsbilder wie Rheuma und Arthrose sind im Handel.
Beim Sofa schätzt das vorgerückte Alter ebenfalls die leicht gemachte Nutzung. Während jüngere Leute regelrechte Lümmelwiesen gut finden, schreckt deren niedrige und tiefe, oft allzu weiche Sitzfläche ältere Menschen ab. Reinkommen ist ja noch simpel, aber in einer halbwegs ansehnlichen Anstrengung wieder aufzustehen, ist kaum machbar und führt zu wenig schönen, im schlimmsten Fall sogar den Rücken gefährdenden Verrenkungen. Also lieber nicht, sondern an den Bedürfnissen des Alters orientiert: fest, hoch, dennoch bequem.
So oder so – die berühmt-berüchtige Schrankwand, die bis vor nicht allzu langer Zeit – wenn auch zuletzt nicht mehr ganz so wuchtig – noch en vogue war, verschwindet aus den Wohnräumen der reiferen Generation. In Zeiten vermehrter Mediennutzung sind dazu passende kleinere Möbelstücke erwünscht – für TV-Flatscreen (versenkbar) oder konzipiert für die ausfahrbare Leinwand, auf die ein Beamer das Programm projiziert.
Aber die neue Generation der nicht mehr ganz so jungen Menschen mag eines nicht – spezielle Angebote für sie, durch die sie sich diskriminiert fühlen. Was aus Restaurants hoffentlich längst verschwunden ist, nämlich der Senioren-Teller, sollten Möbelhersteller erst gar nicht versuchen: Senioren-Möbel bauen und anbieten.
Universal Design heißt das Zauberwort, mahnte neulich ein Fachblatt für die Möbelindustrie. Darunter versteht man „ein internationales Design-Konzept, das Produkte, Geräte, Umgebungen und Systeme derart gestaltet, dass sie für so viele Menschen wie möglich ohne weitere Anpassung oder Spezialisierung nutzbar sind“. Es geht um ästhetische Möbel, die im Zweifelsfall versteckte und im Alltag nützlich Funktionen beinhalten, zum Beispiel eine kleine Sitzbank am Badezimmerschränkchen, einen Handtuchhalter, der im Notfall auch Halt geben kann, oder ein Beistelltischchen auf Rollen. Vielleicht bekommt es sogar eine rutschfeste Oberfläche und eine elegante Aufkantung, dann ist es als Tablett nutzbar.