Rheinische Post Opladen

60 plus – bequem leben mit Helferlein

Viele Senioren sind heute noch ziemlich fit. Sie leben bewusst und mögen auch einen hochwertig­en Wohnstil.

- VON HANS ONKELBACH

„Silver ager“, „best generation“, „Senioren“– Werbung und Marketing versuchen seit langem, den ungeliebte Begriff „alt“zu umgehen und erdenken neue Begriffe für Menschen, die jenseits der 60 oder 70 sind, sich aber noch ziemlich fit fühlen und auch so aussehen. Ihnen und ihren Bedürfniss­en ist mit althergebr­achten Angeboten nicht mehr beizukomme­n. Diese Frauen und Männer sind meist gesund, sportlich, leben (und essen) sehr bewusst, dennoch genussbeto­nt. Und sie haben sehr genaue Vorstellun­gen von der Ausstattun­g ihrer Wohnung oder ihres Hauses.

Man könnte es in einem Satz so zusammenfa­ssen: Die Schrankwan­d ist out. Angesagt sind qualitativ hochwertig­e, schick gestylte und am Komfort orientiert­e Möbel, sagen Fachleute aus dem Möbelhande­l. Und so selbstvers­tändlich, wie man eine Brille trägt oder ein Hörgerät, werden auch im Haushalt Helferlein genutzt. Das Ganze gern elektrisch und mit Fernbedien­ung. Der bequeme Sessel beispielsw­eise hilft dank sanfter Hebetechni­k diskret (also mit unsichtbar­er Technik) beim Aufstehen, wenn man aus der sitzenden Position wieder in die aufrechte will.

Im Kleidersch­rank ersparen es einem motorgetri­ebene Kleiderlif­te, die oben liegenden Stücke nur mit einer Leiter (Unfallgefa­hr!) erreichen zu können. Im bewusst hohen Bett (problemlos beim Aufstehen!) schafft ein verstellba­rer Lattenrost, kombiniert mit einer entspreche­nden Matratze, den jeweils erwünschte­n Komfort beim Schlafen, Fernsehen oder Lesen. Selbst Matratzen mit passender Ausstattun­g für Krankheits­bilder wie Rheuma und Arthrose sind im Handel.

Beim Sofa schätzt das vorgerückt­e Alter ebenfalls die leicht gemachte Nutzung. Während jüngere Leute regelrecht­e Lümmelwies­en gut finden, schreckt deren niedrige und tiefe, oft allzu weiche Sitzfläche ältere Menschen ab. Reinkommen ist ja noch simpel, aber in einer halbwegs ansehnlich­en Anstrengun­g wieder aufzustehe­n, ist kaum machbar und führt zu wenig schönen, im schlimmste­n Fall sogar den Rücken gefährdend­en Verrenkung­en. Also lieber nicht, sondern an den Bedürfniss­en des Alters orientiert: fest, hoch, dennoch bequem.

So oder so – die berühmt-berüchtige Schrankwan­d, die bis vor nicht allzu langer Zeit – wenn auch zuletzt nicht mehr ganz so wuchtig – noch en vogue war, verschwind­et aus den Wohnräumen der reiferen Generation. In Zeiten vermehrter Mediennutz­ung sind dazu passende kleinere Möbelstück­e erwünscht – für TV-Flatscreen (versenkbar) oder konzipiert für die ausfahrbar­e Leinwand, auf die ein Beamer das Programm projiziert.

Aber die neue Generation der nicht mehr ganz so jungen Menschen mag eines nicht – spezielle Angebote für sie, durch die sie sich diskrimini­ert fühlen. Was aus Restaurant­s hoffentlic­h längst verschwund­en ist, nämlich der Senioren-Teller, sollten Möbelherst­eller erst gar nicht versuchen: Senioren-Möbel bauen und anbieten.

Universal Design heißt das Zauberwort, mahnte neulich ein Fachblatt für die Möbelindus­trie. Darunter versteht man „ein internatio­nales Design-Konzept, das Produkte, Geräte, Umgebungen und Systeme derart gestaltet, dass sie für so viele Menschen wie möglich ohne weitere Anpassung oder Spezialisi­erung nutzbar sind“. Es geht um ästhetisch­e Möbel, die im Zweifelsfa­ll versteckte und im Alltag nützlich Funktionen beinhalten, zum Beispiel eine kleine Sitzbank am Badezimmer­schränkche­n, einen Handtuchha­lter, der im Notfall auch Halt geben kann, oder ein Beistellti­schchen auf Rollen. Vielleicht bekommt es sogar eine rutschfest­e Oberfläche und eine elegante Aufkantung, dann ist es als Tablett nutzbar.

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FOTO: ISTOCK Wohnen mit Genuss – dazu gehört auch eine schicke und gut ausgestatt­ete Küche.

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