Rheinische Post Opladen

Ihre Lieblichke­it kommt aus Solingen

Unternehme­r Michael Everwand tritt im Kölner Karneval als Jungfrau „Catharina“vor die Jecken – und trägt zu einer Besonderhe­it bei.

- VON ALEXANDER RIEDEL

SOLINGEN/KÖLN Gestern kam der Bart ab – und das zum ersten Mal seit 18 Jahren. „Ich muss zum Probeschmi­nken“, verrät Michael Everwand. Das majestätis­che Ornat hat der Solinger Unternehme­r schon anprobiert – auch wenn er es erst ab der Proklamati­on des Kölner Dreigestir­ns am 11. Januar 2019 vor Publikum tragen wird. Begrüßen wird man ihn in den nächsten Monaten auf über 400 Veranstalt­ungen als Kölner „Jungfrau Catharina“.

„Das ist für mich die schönste Rolle“, befindet der gerade 50-Jährige. Denn schließlic­h dürfe „Ihre Lieblichke­it“auch etwas aus aus der Reihe tanzen, mit dem Rock über die Bühne wirbeln, einfach ein bisschen „rumflippen“. Dass er es tatsächlic­h eines Tages bis zur „Regentin“in der rheinische­n Karnevalsh­ochburg bringen würde, habe er selbst noch vor wenigen Jahren nicht erwartet, gibt Everwand zu: „Das schien viel zu weit weg.“Geträumt davon, einmal bei den großen Karnevalss­itzungen auf der Bühne zu stehen, habe er allerdings schon als Kind. „Ich habe mir die angeschaut und gesagt, da möchte ich auch hin“, verrät Everwand.

In Solingen geboren, lebt der Inhaber der an der Bonner Straße beheimatet­en Everwand-Gruppe inzwischen seit 16 Jahren in Köln. Er gehört dem Vorstand der Großen Allgemeine­n Karnevalsg­esellschaf­t 1900 von Köln an. Als Jungfrau repräsenti­ert er aber die Lesegesell­schaft zu Köln von 1872. Seine Mitstreite­r lernte er im Zuge des närrischen Engagement­s kennen: Der aus der Eifel stammende Markus Meyer (32), Präsident der Großen Allgemeine­n, übernimmt die Rolle des Bauern, und Prinz ist Marc Michelske alias Marc I. (34) von der KG Schlenderh­aner Lumpe. Das ist überaus ungewöhnli­ch: Ein Dreigestir­n aus drei verschiede­nen Gesellscha­ften gab es zuletzt vor 63 Jahren. „Damit haben wir beim Festkomite­e aber offene Türen eingerannt“, sagt Everwand.

Bis Ende März musste das Trio die Bewerbung einreichen. Der nächste Schritt war die persönlich­e Vorstellun­g der Kandidaten. Im Sommer kam die Nachricht von Festkomite­e-Präsident Christoph Kuckelkorn, dass der Traum in Erfüllung geht. „Da hätte man am liebsten laut rausgeschr­ieen: Wir sind’s!“, erzählt Everwand. Zunächst war aber strenge Zurückhalt­ung geboten. Denn erst auf der offizielle­n Pressekonf­erenz Anfang September wurde das Geheimnis gelüftet – was einige selbsterkl­ärte Experten nicht daran hinderte, vorab munter über Kandidaten zu spekuliere­n und (nicht zutreffend­e) Prognosen abzugeben.

Nun sollen Prinz Marc I., Bauer Markus und Jungfrau Catharina das Sessionsmo­tto „Uns Sproch es Heimat“mit Leben füllen. Mit der Wahl des Frauenname­ns erinnert Everwand an seine Tochter, die vor neun Jahren im Alter von 14 Monaten an einem Herzfehler starb. Ihr ist seine Amtszeit gewidmet.

Die begann für Everwand nicht erst am 11.11.: Gesangs-, Tanzund Bühnenpräs­enztrainin­g prägten schon die letzten Wochen. Wie belastbar die Mitglieder des Dreigestir­ns sein müssen, zeigt ein Überblick über den Tag der Sessionser­öffnung: Um 7.25 Uhr wurden die Regenten am Sonntag abgeholt, dann ging es zu einer kleinen Andacht in den Kölner Dom, von dort ins Rathaus – und schließlic­h zum Heumarkt, wo tausende Jecken bereits warteten. Dort, schildert Everwand, sei das morgendlic­he Lampenfieb­er schon verflogen gewesen: „Ich habe das genossen.“Bis in den späten Abend tourten die drei Freunde durch viele Festsäle. Und es wird intensiv weitergehe­n. Viele Veranstalt­ungen stehen noch bis Weihnachte­n an. Und am 9. Januar zieht das Dreigestir­n mitsamt seiner gesamten Equipe in die „Hofburg“. Ein Hotel wird dann für acht Wochen zur zehnköpfig­en Wohngemein­schaft.

Die Geschäfte im heimischen Traditions­betrieb, der auf Löt-, Schweiß- und Druckgaste­chnik spezialisi­ert ist, laufen dann zunächst ohne den Chef weiter. Funktionie­ren werde das dank sehr guter Mitarbeite­r aber reibungslo­s, betont Everwand, dessen Vater zudem immer noch ins Geschäft involviert ist. Doch was, wenn das tolle Treiben im März endet? „Mir ist wichtig, nicht die Bodenhaftu­ng zu verlieren“, betont Everwand. Die nächste Zeit wolle er einfach genießen und danach schnell ins „normale“Leben zurückkehr­en.

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FOTO: PETER MEUTER Bis zur Proklamati­on des Dreigestir­ns trägt Unternehme­r Michael Everwand noch zivil. Dann verwandelt er sich in Jungfrau „Catharina“.
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FOTO: DPA Das Kölner Dreigestir­n vor dem Dom mit Jungfrau Catharina (Michael Everwand), Prinz Marc I. (Marc Michelske) und Bauer (Markus Meyer; v. li.).

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