„Ich bin Bayer Leverkusen sehr dankbar“
Zé Roberto und Paulo Sérgio werben in Brasilien für die Bundesliga. An ihre Zeit bei Bayer 04 erinnern sich die Ex-Profis gerne zurück.
RIO DE JANEIRO Als der Junge an der Reihe ist, etwas zu sagen, ist er so gerührt, dass es ihm vor den TV-Kameras die Sprache verschlägt. Statt des Moderators springt Paulo Sérgio ein und verwickelt den Jungen in ein Gespräch, in dem dieser die Fragen beantworten kann, und rettet ihn so aus der Situation. „Ich weiß, wie ich damit umgehe”, sagt Paulo, der für Bayer Leverkusen und Bayern München in der Bundesliga gespielt hat, in Rio de Janeiro. Viele wie der Junge aus der Cidade de Deus und der Vila Aliança, die das Fußballturnier im Rahmen der „Bundesliga Experience“in Rio bestritten haben, sind noch nie in der Südzone mit den weltberühmten Vierteln Copacabana und Ipanema gewesen und eineinhalb Stunden aus der armen Nordzone oder dem Osten hergekommen. „Ich spreche die Sprache dieser Jungs“, sagt Paulo Sérgio.
Dies ist eine der Eigenschaften, die ihn zusammen mit Zé Roberto zu einem geeigneten Botschafter der Bundesliga macht; ihn prädestiniert, diese in Brasilien zu vertreten und zu verbreiten, wo sie in Rio de Janeiro an diesem Wochenende im wahrsten Sinne des Wortes ihre Zelte aufgeschlagen hat, ein Fußballfeld aufgebaut, eine Leinwand aufgestellt. Darauf sind unter anderem die Partien des FC Bayern (gegen Dortmund) und Bayer (gegen Leipzig) zu sehen – Paulos Klubs in Deutschland. Er hat sich wie der überwältigte, sprachlose Junge selbst auch in einer anderen Welt wieder- und zurechtgefunden. Paulo Sérgio ist bei Bayer 04 der erste Sambafußballer gewesen, hat nach den Toren auf dem Platz getanzt. Er sagt: „Ich wollte die Fröhlichkeit der Brasilianer mitbringen und den Moment des Tores würdigen.“
Der Anfang in Deutschland war aber auch für ihn nicht leicht gewesen. Als er 1993 von Corinthians São Paulo gewechselt ist, haben lediglich vier Brasilianer – außer ihm Jorginho, Franklin und Mazinho – in der höchsten deutschen Liga gespielt. Aktuell sind es mehr als ein Dutzend. „Ich erinnere mich, dass bei Bayer Leverkusen ein Tscheche, ein Rumäne und ich waren, der Rest nur Deutsche. Da hieß es: Du bist in Deutschland, Du musst Deutsch lernen.“
Wie Paulo Sergio hat Zé Roberto nicht nur die Sprache gelernt, sondern auch, die Kultur zu verstehen, ja sogar die deutsche Nationalität angenommen. Die Verbindung ist so stark, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) sie eingeladen hat, sie in Brasilien zu repräsentieren. „Die deutsche Staatsbürgerschaft zu haben und die Bundesliga hierher zu bringen, etwas von ihrer Qualität und der deutschen Mentalität zu zeigen, das macht mich sehr glücklich“, sagt Zé. Er ist inzwischen bei seinem letzten Klub Palmeiras São Paulo eine Art Sportdirektor und mit 336 Spielen der Brasilianer mit den zweitmeisten Spielen in der Bundesliga hinter dem Schalker Naldo. Für ihn war Leverkusen „praktisch eine Mutter, die mich und meine Familie umarmt hat“, wie er sagt, die ihm geholfen hat, sich einzugewöhnen. „Ich bin diesem Klub sehr dankbar.“
Die Fragen an diesem Sonntag in Rio, an dem Leipzig gegen Leverkusen auf der Großleinwand läuft, lauten: „Wie geht’s Wendell? Spielt Paulinho?” Der Wechsel des Talents von Vasco da Gama, einem der Traditionsklubs Rio de Janeiros, hatte in der ersten Jahreshälfte großes Aufsehen erregt. Ein Dutzend europäischer Vereine hatten Interesse an dem damals noch 17-Jährigen bekundet, dieser entschied sich für Bayer 04.
Leverkusen ist in Brasilien, seit den Zeiten von Reiner Callmund und Heinz Prellwitz, als Klub bekannt, der eine gute Struktur hat, um Brasilianer aufzunehmen und weiterzuentwickeln. Viele junge Brasilianer, die es in Deutschland und Europa geschafft haben – Jorginho, Paulo Sergio oder Zé Roberto –, sind nach Leverkusen gewechselt. Paulo Sérgio sagt: „Es war immer sehr einfach, den deutschen Fußball zu vertreten, weil die Brasilianer ihn respektieren.“Er habe unzählige Anfragen bekommen, um das deutsche Fußballfestival auch in andere Teile Brasiliens zu bringen.