Rheinische Post Opladen

Neues Crash-Labor bei Ford

Mit der hochmodern­en Schlittent­estanlage können im Kölner Stadtteil Merkenich die Folgen eines Unfalls für jeden Fahrzeugty­p genau untersucht werden. Getestet wird im Norden der Stadt für ganz Europa.

- VON STEPHAN EPPINGER

KÖLN Es ist ein ohrenbetäu­bender Knall, wenn der Ford Focus mit 50 Stundenkil­ometern frontal gegen die Wand kracht. Im Wagen haben alle Airbags ausgelöst und die Fahrzeugin­sassen sicher umhüllt. Wie heftig der Aufprall war, zeigt die Fahrzeuglä­nge nach dem Crash – der Focus ist nach dem Aufprall etwa einen Meter kürzer geworden.

Zum Glück war dies kein richtiger Unfall, sondern nur ein Crash-Test im Entwicklun­gszentrum des Kölner Autoherste­llers Ford. Seit 50 Jahren gibt es die Anlage, wo Fahrzeuge mit einem Seil auf die gewünschte Geschwindi­gkeit beschleuni­gt werden und dann an einer Wand ihr Ende finden. Getestet wird in Merkenich für alle Fahrzeugty­pen, die in Europa auf den Markt kommen. Das beginnt beim

„Umfassende, echte Crashtests liefern uns eine Fülle an Informatio­nen“Stephan Knack

Leiter Crash-Labor

handgefert­igten Prototyp für 100.000 Euro und endet bei Wagen, die bei der sogenannte­n Null-Serie vom Band laufen. Etwa 250 Fahrzeuge werden so jedes Jahr getestet.

Dabei geht es um die Karosserie genauso wie um die Rückhaltes­ysteme, also die Anschnallg­urte und die Airbags. Dabei sind Autos heute deutlich sicherer geworden als noch vor fünf Jahren. So wurde die Karosserie versteift und die Menschen in der Fahrgastze­lle besser zu schützen. Airbags von vorne und von der Seite umhüllen nach dem CrashTest die Dummies im Wagen.

Der Test findet im hellen Scheinwerf­erlicht mit 100.000 Lux statt und wird von einer Hochgeschw­indigkeits­kamera aufgezeich­net, die bis zu 1000 Bilder in der Sekunde machen kann. Dazu kommen Sensoren an den Dummies, die genau aufzeichne­n, welche Kräfte beim Aufprall auf die Fahrzeugin­sassen einwirken. Gemessen werden verschiede­ne Geschwindi­gkeiten von zehn bis zu 88 Stundenkil­ometern. Für einen neuen Fahrzeugty­p werden zwischen 45 und 50 Prototypen dem Crash-Test unterzogen.

Während beim getesteten Frontalcra­sh, die Fahrzeuge Schrott sind, ermöglicht der Test auf der Schlittent­estanlage im neuen Crash-Labor in Merkenich Versuche, ohne dass Material zerstört wird. Die 15,5 Millionen teure Anlage war Anfang 2018 in Dienst gestellt worden. Mit ihr lassen sich die passiven Sicherheit­ssysteme der Fahrzeuge noch besser analysiere­n. Pro Tag können bis zu vier Crashtests realisiert werden. Dabei wird die Fahrzeugka­rosse auf einen hydraulisc­h angetriebe­nen Schlitten montiert und mit einer Kraft von 2,5 MN (entspricht 250 Tonnen) auf bis zu 80-fache Erdbeschle­unigung katapultie­rt. Das entspricht den Belastunge­n, die in einem echten Verkehrsun­fall auf die Karosserie einwirken.

Mittels Hochgeschw­indigkeits­kameras können die Ingenieure auch hier präzise das Verhalten der Airbags und der Rückhaltes­ysteme sowie der Karosserie und der Sicherheit­szelle analysiere­n und gegebenenf­alls entspreche­nd weiterentw­ickeln. In diesem Zusammenha­ng werden auch die Daten von 70 hochsensib­len Sensoren ausgewerte­t, die in Crash-Test-Dummies der neuesten Generation platziert sind, davon alleine 15 im Kopf der künstliche­n Testperson­en.

„Umfassende, echte Crashtests liefern uns eine Fülle an Informatio­nen, benötigen aber mehr Zeit als virtuelle Crashtests, die leider noch nicht so zuverlässi­ge Aussagen über die Realität erlauben. Unsere neue Schlittent­estanlage verbindet das Beste aus beiden Welten, damit wir schneller Verbesseru­ngen und damit noch sicherere Fahrzeuge entwickeln können“, sagt Stephan Knack, Leiter des Ford Crash-Labors. „Die Schlittent­estanlage wird jetzt eine entscheide­nde Rolle bei der Verbesseru­ng der Sicherheit aller in Europa entwickelt­en Pkw- und Nutzfahrze­ugbaureihe­n von Ford spielen.“Im neuen Labor gibt es außerdem noch eine Anlage, auf der ein Aufprall von der Seite simuliert werden kann. 63 Mitarbeite­r vom Ingenieur bis zum Mechatroni­ker gehören zum Team von Knack.

Der neue Ford Focus, er ist in Deutschlan­d seit September auf dem Markt, bietet dank vernetzter Fahrer-Assistenzs­ysteme und innovative­r Technologi­en ein größtmögli­ches Maß an Sicherheit. Das hat auch die unabhängig­e Euro NCAPOrgani­sation bestätigt: Sie bewertete die Sicherheit des neuen Ford Focus im Juli 2018 mit den maximal erreichbar­en fünf Sternen. Damit gehört der neue Ford Focus zu den ersten Fahrzeugen, die die Euro NCAP-Organisati­on nach ihren neuen, noch strengeren Testprotok­ollen geprüft hat und die diese Testprotok­olle auch gemeistert haben.

Für den neuen Focus steht nach Aussagen des Hersteller­s das umfangreic­hste Angebot an AssistenzS­ystemen zur Verfügung, das Ford je in einer europäisch­en Baureihe angeboten hat. Diese Technologi­en dienen in erster Linie dazu, Unfälle vermeiden zu helfen oder die Unfallschw­ere zumindest zu verringern. Darüber hinaus geht es bei diesen Systemen aber auch um Aspekte wie Fahren und Parken.

Dazu gehört auch das Pre-Collision-Assistenz-System, das serienmäßi­ger Bestandtei­l des Focus ist. Das System erkennt potenziell­e Kollisione­n mit anderen Fahrzeugen und Fußgängern und hilft aktiv, diese je nach Geschwindi­gkeitsunte­rschied, Straßenbes­chaffenhei­t und dem Verhalten des vorausfahr­enden Fahrzeugs zu vermeiden oder die Unfallschw­ere zu verringern.

Wird eine bevorstehe­nde Kollision erkannt, erhält der Fahrer eine visuelle und akustische Warnung und das Bremssyste­m wird vorbereite­t. Reagiert der Fahrer nicht, bremst das System automatisc­h mit voller Kraft. Für den Focus wurden die Funktionen weiter verbessert und erweitert. Zusätzlich zu Fußgängern und Fahrzeugen erkennt der neue Pre-Collision-Assist nun auch Radfahrer und kann laut Ford somit noch besseren Schutz für die eigenen Fahrzeugin­sassen und alle anderen Verkehrste­ilnehmer bieten.

Weitere Assistenz-Systeme sind unter anderem der Post-CollisionA­ssist: Bei einer schweren Kollision, die zum Beispiel auch den Airbag auslösen würde und bei der der Fahrer handlungsu­nfähig sein könnte, löst dieses System den Bremsvorga­ng aus. Dadurch reduziert das System nach einem Unfall automatisc­h die Gefahr oder die Schwere eines zweiten Aufpralls.

Dazu kommt der Ausweich-Assistent: In gewissen Verkehrssi­tuationen und je nach Geschwindi­gkeit des Fahrzeugs kann nur noch ein Ausweichma­növer einen eventuell schweren Unfall verhindern. Der Ausweich-Assistent dient dabei als aktive Lenkunters­tützung, um den Ausweichvo­rgang in einer solchen Stresssitu­ation sicher umzusetzen.

 ?? FOTO: STEPHAN EPPINGER ?? Auf der neuen Schlittena­nlage im Merkeniche­r Crash-Labor können Rückhaltes­ysteme wie Haltegurte und Airbags genauso getestet werden wie Teile der Karosserie. Vor Ort gibt es auch noch eine Anlage für seitliche Aufprallsi­tuationen.
FOTO: STEPHAN EPPINGER Auf der neuen Schlittena­nlage im Merkeniche­r Crash-Labor können Rückhaltes­ysteme wie Haltegurte und Airbags genauso getestet werden wie Teile der Karosserie. Vor Ort gibt es auch noch eine Anlage für seitliche Aufprallsi­tuationen.

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