Rheinische Post Opladen

St. Remigius setzt auf Qualitätsk­ontrolle

Wie gehen Ärzte mit dem Skandal um Medizinpro­dukte wie künstliche Hüft- oder Kniegelenk­e um? Ein Ortstermin.

- VON VERENA BRETZ

OPLADEN Implantate und Prothesen werden nicht ausreichen­d getestet, Zwischenfä­lle und Mängel zu oft vertuscht. Die Aufregung war groß, als Medien Anfang der Woche über massive Probleme mit Medizinpro­dukten berichtete­n. Wie sich diese Debatte auf die Arbeit der Mediziner vor Ort ausgewirkt, weiß Privatdoze­nt Dr. Ralf Decking, Chefarzt Orthopädie und Endoprothe­tik am St. Remigius Krankenhau­s Opladen, der bislang mehrere tausend solcher Operatione­n gemacht hat.

„Tatsächlic­h hatte ich noch am selben Tag besorgte Patienten in meiner Sprechstun­de, die wissen wollten, ob auch bei ihnen mangelhaft­e Hüft- oder Kniegelenk­e verwendet worden sind“, erzählt der Facharzt. Für deren Sorgen hat er auf jeden Fall Verständni­s. „Ich finde es grundsätzl­ich gut, wenn sich die Menschen informiere­n, mehrere Meinungen einholen und Fragen stellen.“

Für seinen Bereich kann er jedoch Entwarnung geben: „Die Patienten müssen keine Angst haben, die Qualitätss­icherung ist da, und der Standard ist sehr hoch.“Schließlic­h gehört das St. Remigius Krankenhau­s Opladen seit 2013 mit der Klinik für Orthopädie und Unfallchir­urgie zu einem der ersten in Deutschlan­d zertifizie­rten „EndoProthe­tikZentren der Maximalver­sorgung“. Um dieses Zertifikat zu bekommen, muss sich die Klinik jedes Jahr einer umfangreic­hen Prüfung durch externe Fachleute stellen.

Und seit fünf Jahren machen Ralf Decking und seine Kollegen das, was nun viele fordern: Sie pflegen auf freiwillig­er Basis anonymisie­rt die geforderte­n Daten in das sogenannte deutsche Endoprothe­tikregiste­r ein. Im Vorjahr wurden dort rund 450.000 Eingriffe vermerkt, das sind knapp über 60 Prozent aller Eingriffe. „In Schweden gibt es so ein Register seit Jahren“, sagt Decking, der von dessen Notwendigk­eit überzeugt ist. Der Zweck eines solchen Registers: Gehen Medizinpro­dukte besonders häufig kaputt, fällt das sofort auf. Das Produkt kann aus dem Verkehr gezogen werden.

Viele Patienten befürchten seit

dem Skandal auch, dass ihr künstliche­s Gelenk nicht ausreichen­d getestetwu­rde.DasProblem:Vieleverla­ngten reflexarti­g das innovativs­te Produkt auf dem Markt. „Das ist wie beim Autokauf“, sagt der Fachmann. „Ich stehe solchen Produkten eher zurückhalt­end gegenüber, wenn es dazu noch keine mehrjährig­en Studien gibt. Das mache ich auch im Beratungsg­espräch deutlich.“Lieber setzt man im Remigius auf hochwertig­e deutsche und Schweizer Produkte, die sich teils Jahrzehnte auf dem Markt bewährt haben. Geht dann doch mal ein Prothesent­eil kaputt, meldet Decking diesen Fehler an das Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte. „Aber Materialve­rsagen kommt extrem selten vor“, sagt er. 2017 waren es vier Fälle.

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UM FOTO (ARCHIV): Privatdoze­ntDr. Ralf Decking, Chefarzt Orthopädie und Endoprothe­tik im St. Remigius Krankenhau­s Opladen, setzt auf Aufklärung und umfassende Datendokum­entation.

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