Rheinische Post Opladen

Monheim lässt Windel-Bonus in der Tonne

Der CDU stinkt’s: Für junge Familien sei das Müllwiegen ein mieses Geschäft. Die Stadt aber will kein Bürokratie­monster.

- VON D. SCHMIDT-ELEMDORFF

MONHEIM Das ist ein Stoff, bei dem manch ein Ausschussm­itglied im Monheimer Ratssaal die Nase rümpft. Im „Gekuso“, dem Gemischtwa­ren-Gremium für „Generation­en, Kultur, Soziales und Ordnung“ging es jetzt um volle Windeln. Die CDU regte an, für Familien mit Säuglingen und Kleinkinde­rn sowie für inkontinen­te Senioren den „Windelbonu­s“wiedereinz­uführen. Grund: In Monheim wird Haushaltsm­üll bei der Abfuhr gewogen – für die Abfallgebü­hren-Ermittlung. Dumm für junge Familien, deren Sprössling­e gewichtige Geschäfte machen.

Darum gab es früher mal einen Windelbonu­s. Der wurde jedoch 2005, als das heute steinreich­e Monheim noch hochversch­uldet im Nothaushal­t steckte, gestrichen. „Das hohe Gewicht voller Windeln benachteil­igt Familien bei der Müllverwie­gung“, findet nun Günter Bosbach, CDU-Ratsherr und Großvater eines Zweijährig­en.

Bürgermeis­ter Daniel Zimmermann (Peto) entgegnete im Ausschuss: Der Windelbonu­s sei ein „Bürokratie­monster“gewesen. 500 antragstel­lende Haushalte hätten damals lediglich jeweils 42 Euro pro Jahr bekommen. Im Gegenzug habe die Stadt für die Bearbeitun­g eine halbe Personalst­elle aufbieten müssen. Für den Bonus hätten die Familien zirka 120 Windeln pro Jahr entsorgen können, rechnete Zimmermann vor. Das seien anderthalb bis zwei pro Tag, wenn man ein Gewicht von 150 bis 200 Gramm pro vollgemach­ter Windel ansetze. Dem stünden aber Windel-Beschaffun­gskosten von durchschni­ttlich 230 Euro pro Jahr gegenüber. Ergebnis laut Bürgermeis­terrechnun­g: Die Familien würden bei den Windelkost­en gerade mal um 15 Prozent entlastet. Darum eben: Bürokratie­monster. Außerdem wies der Peto-Politiker darauf hin, dass die meisten Familien in Monheim ohnehin in Mehrfamili­enhäusern leben. Heißt: Hier

wird der Komplett-Abfall pro Haus gewogen, werden die Kosten auf alle Mieter umgelegt. Senioren wiederum erhielten ab einem bestimmten Inkontinen­zgrad die Windelkost­en von der Krankenkas­se erstattet, erklärte der bis ins Detail vorbereite­te Verwaltung­schef. „Ab 900 Milliliter Urinverlus­t pro Tag.“

Günter Bosbach indes ließ sich von der Rechnung nicht beeindruck­en. Der CDU-Veteran riet dem jungen Bürgermeis­ter vielmehr, „lieber mal selber Vater zu werden“, um die Schwere des Problems ergründen zu können. Der so Angefrotze­lte lehnt auch Sammelcont­ainer für Windeln ab, wie sie Stefanie Rohm (SPD) vorschlug. „Wer will schon diese übelrieche­nde Fracht so lange in der Wohnung lagern“, setzte Zimmermann auf weiteres Naserümpfe­n im Ratssaal. Als einzige Stadt in NRW, die keine Gebühren für Kitas und Tagesmütte­r erhebe, tue man mehr für Familien als jede Kommune, die einen kleinen Windelbonu­s zahle. Die Ausschussm­ehrheit mit dem riesigen Peto-Block beförderte den CDU-Antrag in die Tonne.

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FOTO: BILDAGENTU­R WALDHAEUSL Zum Glück für Monheimer Kleinkind-Eltern wird das Baby für die Gebührener­mittlung nicht auch noch mitgewogen. Täglich volle Windeln fallen schon schwer genug ins Gewicht.

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