Eine Frage der Konfession
In den ersten Jahren war das Kabinett von Angela Merkel evangelisch geprägt, aber in den letzten Jahren kommen wieder mehr katholische Politiker in höhere Ämter. Spielt der Glaube noch eine Rolle?
Nach der evangelischen Pfarrerstochter Angela Merkel kommt die Katholikin. Annegret Kramp-Karrenbauer gehört wie Helmut Kohl der römisch-katholischen Kirche an, und steht damit für eine Trendwende auch in der CDU. Während das Kabinett von Angela Merkel in den ersten Jahren durchaus evangelisch geprägt war, kommen in den vergangenen Jahren wieder mehr katholisch geprägte Politiker in höhere Ämter der Partei. Auch Jens Spahn und Friedrich Merz sind Katholiken. Dazu kommt der Wechsel an der Spitze der Unionsfraktion: Statt des fast evangelikalen Protestanten Volker Kauder hat mittlerweile der Katholik Ralph Brinkhaus den Fraktionsvorsitz inne. Und im Kabinett ist Ursula von der Leyen mittlerweile die einzige evangelische Ministerin.
Aber ist die Konfession bei den Christdemokraten zu Beginn des 21. Jahrhunderts wirklich noch von Relevanz? Sicher, kirchliche und kirchennahe Medien beschäftigten sich in den vergangenen Wochen intensiv mit den Glaubensbiografien der CDU-Spitzenpolitiker. Doch würde Annegret Kramp-Karrenbauer heute auf den früheren Fuldaer Bischof Johannes Dyba oder den früheren Kölner Kardinal Joachim Meisner treffen, würden die beiden Kirchenleute vielleicht doch eher die Stirn runzeln. Eine Politikerin, die sich offen für Priesterinnen in der katholischen Kirche ausspricht und für eine Frauenquote in der katholischen Kirche plädiert? Wie „katholisch“ist das eigentlich noch? Was bedeutet „katholisch“in so einem Zusammenhang? Jedenfalls ist es wohl ein anderes „katholisch“als früher, eher an der Linie des Zentralkomitees deutscher Katholiken orientiert, als an der von manchen konservativen Bischöfen. Es sei denn, es geht um die Fragen rund um den Beginn und das Ende des menschlichen Lebens. Sie werden oft herangezogen, wenn es um das „C“im Parteinamen der CDU geht und um die Frage, wo es sich noch in der Praxis widerspiegelt. Man ist gegen die Werbung für Abtreibungen, gegen die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, für die klassische Familie und den Lebensschutz. Annegret Kramp-Karrenbauer folgt bei all diesen Punkten der klassischen CDU-Linie. Sie hält sich zu einer konservativen Position und begründet sie durchaus auch mit dem Glauben.
Etwas anders ist das bei den Protestanten. Denn in der Ethik haben sich die Positionen der beiden großen Kirchen durchaus auseinanderentwickelt. Bei der Sterbehilfe zeigten sich Risse in der gemeinsamen Position, beim Streit um die Stichtagsregelung in der Stammzellforschung war man von einer einheitlichen Linie weit entfernt. Am Deutlichsten ist die Diskrepanz freilich in den vergangenen Jahren bei der Einführung der Trauung für gleichgeschlechtliche Paare sichtbar gewesen: Während die katholische Kirche dort bei ihren altbekannten Positionen blieb, führten immer mehr evangelische Landeskirchen in einem teils atemberaubenden Tempo die kirchliche Trauung für homosexuelle Paare ein.
Wer sich in der Politik als Protestant gegen die Gleichstellung der heterosexuellen mit der homosexuellen Ehe ausspricht, muss sich in vielen Fällen mittlerweile auch gegen die offizielle Haltung seiner Landeskirche stellen. Und so wie die Linie der evangelischen Kirche von den Positionen der katholischen Kirche abweicht, divergiert auch das Verhältnis von CDU und Protestantismus auseinander. Diese Entwicklungen wurden auch an Angela Merkel und in ihrer CDU sichtbar. Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Amtszeit eine „diskursive“, eine „pragmatische“Herangehensweise an ethische Themen gezeigt – so heißt es in den beide großen Kirchen. Stärker als Andere hat sie auf die Vorgabe einer klaren, eindeutigen Linie verzichtet. Oft gab es auch in der CDU mehrere Positionen zum selben
Im Kabinett ist Ursula von der Leyen mittlerweile die einzige evangelische Ministerin