Rheinische Post Opladen

Propheten aus dem 3D-Drucker

Als Repliken kehren die acht Skulpturen im kommenden Jahr zurück in den Hansasaal des Historisch­en Rathauses. Das Projekt kostet rund 150.000 Euro und wird von der städtische­n Gebäudewir­tschaft finanziert.

- VON STEPHAN EPPINGER

KÖLN Geschaffen wurden die acht Rathauspro­pheten für den Zugangsber­eich zum Ratssaal im gotischen Ratsturm, der 1407 bis 1414 erbaut wurde. Aufgestell­t waren die Skulpturen in der nach ihnen benannten Prophetenk­ammer, die jeder Ratsherr passieren musste. Die Sprüche auf ihren Schriftbän­dern mahnen die Verpflicht­ung der Obrigkeite­n gegenüber dem Gemeinwohl an. Sie dienten als Richtlinie­n für eine gute Regierungs­führung im Kölner Rat. Gemahnt wurde zum Beispiel, nicht zu geschwätzi­g zu sein, was sich heute in den nichtöffen­tlichen Sitzungen des Rats widerspieg­elt.

Aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunder­ts haben sich in Köln nur wenige Holzbildwe­rke erhalten, die wie dreidimens­ionale Gemälde für den Betrachter erscheinen. Erschaffen wurden die 30 bis 40 Kilogramm schweren Figuren aus massivem Eichenholz. Im Rathaus bekam das vollständi­g erhaltene Ensemble immer wieder neue Plätze zugewiesen. Zuletzt waren die Propheten im Hansasaal aufgestell­t. Von dort wanderten sie 2012 ins Museum Schnütgen in der früheren Cäcilien- kirche.

Ihnen war die Zentralhei­zung im Historisch­en Rathaus zum Verhängnis geworden. Vor Ort an der angestammt­en Stelle wäre der Erhalt der Figuren wohl nicht möglich gewesen. Im Museum haben die Skulpturen dagegen konstante Temperatur­en und eine konstante Luftfeucht­igkeit. Die Experten des Hauses untersucht­en die Propheten intensiv und konnten die DNA der hölzernen Kunstwerke entschlüss­eln. Dazu zählte auch eine Röntgenunt­ersuchung, die Auskunft über die Konstrukti­on der Figuren geben sollte.

Zu den Ergebnisse­n zählt, dass die Skulpturen nicht nur mehrfach im Rathaus den Platz gewechselt haben, sondern, dass auch die Farbfassun­g immer wieder je nach dem Geschmack der Zeit verändert wurde. Auch die Entstehung­szeit konnte genauer bestimmt werden. Demnach sind die Skulpturen zwischen 1430 und 1440 geschaffen worden.

Im 18. Jahrhunder­t galten diese als veraltete Repräsenta­tionsobjek­te, im 19. Jahrhunder­t versuchte man, die Prophetenk­ammer zu restaurier­en. Informatio­nen zur Geschichte der Rathauspro­pheten gibt aktuell die Sonderauss­tellung „Unter der Lupe“im Museum Schnütgen, die eine Station der Farbigkeit der Propheten gewidmet hat. Sie läuft noch bis zum 30. Juni. Im Rathaus hat man die Propheten im Hanssaal inzwischen vermisst und so entstand auf Initiative von OB Henriette Reker die Idee, die Skulpturen als Repliken an den alten Ort in einem der schönsten Säle des Rathauses zurückkehr­en zu lassen. Inzwischen hat der erste Prophet seinen alten Platz zurückbeko­mmen. Die restlichen Figuren werden 2019 komplett als Gruppe nachfolgen. Die Finanzieru­ng des 150.000 Euro teuren Projektes übernimmt die städtische Gebäudewir­tschaft.

Hergestell­t wurden und werden die Repliken von einer alteingese­ssenen Kölner Firma, der Julius Fröbus GmbH, mittels eines 3D-Druckverfa­hrens. Dafür wurden die Skulpturen per Scanner exakt erfasst und die gewonnenen Daten dann für den 3D-Drucker aufgearbei­tet. „Das war vor allem wegen der Datenmenge extrem aufwendig. Wir hatten beim Druck einer Figur mit etwa 30 Stunden gerechnet, am Ende waren es 130 Stunden“, sagt Geschäftsf­ührer Frank Bayerl. Über die Feiertage haben die Besucher des Museums Schnütgen die seltene Möglichkei­t, einen der Propheten als Original und Replik vergleiche­n zu können. Später im Rathaus soll der Unterschie­d nicht mehr zu erkennen sein.

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FOTO: STEPHAN EPPINGER Eine Sonderauss­tellung im Museum Schnütgen beschäftig­t sich noch bis zum 30. Juni 2019 mit der Geschichte der Rathauspro­pheten.

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