Wehmut beim Weihnachtskonzert
Ulrich Jung leitete den Bayer Männerchor fast ein Vierteljahrhundert. Im Altenberger Dom war sein Abschiedskonzert.
LEVERKUSEN/ALTENBERG „Jetzt kann’s Weihnachten werden“, seufzte ein Zuhörer, als sich nach dem Konzert die Menschen im voll besetzten Altenberger Dom geduldig gen Ausgang schoben. Für viele Menschen gehört das zweistündige Weihnachtssingen des Männerchores Bayer Leverkusen so unbedingt zum Fest wie der Tannenbaum.
Auch dieses Jahr erklangen bekannte und stets erwartete Lieder von „Engeln und Hirten“. Schwingend wie die italienische „Canzone Campognari“, schwelgend wie „Transeamus“, beschaulich wie „Laßt und lauschen“oder als letzte Zugabe bei gedämpftem Licht das zarte „Stille Nacht“. Sogar das obligatorische „Jerusalem“mit dem dem Solopart des langjährigen Chorsängers Dietrich Kämmler wurde noch nachgereicht, obwohl es gar nicht im Programm stand.
Harfenistin Alexandra Gelhar und der klare, voll tönende Sopran von Myung-Hee Hyun sorgten für besondere Momente. Auch das Publikum wurde wieder zum Einstimmen aufgefordert, denn bekanntlich ist das Bedürfnis zum Mitsingen nie größer als in dieser Jahreszeit. Im ersten Teil gab es eher adventlich besinnliche Klänge und kirchenmusikalische Bearbeitungen, mit denen Chorleiter Ulrich Jung seine rund 60 Sänger herausforderte. Für ihn waren die drei Weihnachtskonzerte in Wuppertal und Altenberg zugleich die Abschiedstournee mit dem Bayer-Chor, den er in den vergangenen 24 Jahren maßgeblich geprägt und dabei nach der langen Ära Hermannjosef Rübben neue Traditionen begründet hat. Beispielsweise die fruchtbare Zusammenarbeit mit den jungen und ausgesprochen engagierten Instrumentalisten des Musikschulorchesters Cento Corde, das den Gesang festlich begleitete und unter Leitung von Klaus Müller, der ansonsten inmitten seiner Schüler die Viola spielte, ein Instrumentalstück präsentierte.
Eine andere neue Tradition ist das österliche „Halleluja“aus Händels Oratorium „Messias“am Schluss des Weihnachtskonzertes. Festlicher als dieser vom Cologne Brass Quartett überhöhte Jubel geht es kaum. Und die Brücke von Christi Geburt zur Auferstehung zu schlagen, ist ja auch theologisch durchaus angemessen. Da mag sich bei den Sängern bereits das ein oder andere Tränchen der Rührung gebildet haben, weil sie realisierten, dass eine lange Zusammenarbeit zu Ende geht. Der Kapitän, der mit ihnen auch schwimmende Konzerte auf dem Rhein unternommen hat, geht von Bord. Aber die Mannschaft kann beruhigt sein, denn der erfahrene Steuermann übernimmt den Chor nun ganz. Harald Jüngst war schon zu Rübbens Zeiten Vize und probt regelmäßig mit dem kleinen Chor, der auch dieses Mal wieder zusätzliche Farben brachte. Fragt sich nur, wer künftig so umsichtig und versiert die Orgelbegleitung übernimmt und die Übergänge schafft im kleinteiligen Programm. Dieser Part war bei Jüngst wieder in den besten Händen.
„Es waren tolle Jahre mit so einem Chor zu arbeiten und mit dem Riesenrückhalt durch die Firma“, sagte Ulrich Jung hinterher im Gespräch. Er ist jetzt 68, wurde vor drei Jahren aus dem Schuldienst entlassen, wird aber noch nicht vollständig in den Ruhestand gehen. Seinem Bochumer Chor, den er schon seit 1979 leitet, will er noch weiter führen und ansonsten mehr Zeit mit den fünf Enkelkindern verbringen, beziehungsweise mit ihnen singen. Am 22. Januar veranstaltet der Männerchor, dessen Entwicklung er weiter verfolgen will, eine Abschiedsparty nach fast einem Vierteljahrhundert Zusammenarbeit.