Rheinische Post Opladen

Zum 90. verschenkt Peter Berth Kunst

Heute feiert der Maler und pensionier­te Chemiker seinen Geburtstag. Geschenke möchte er nicht. Stattdesse­n bekommt jeder seiner Gäste ein Bild.

- VON MONIKA KLEIN

LEICHLINGE­N Keine Geschenke wünscht sich Peter Berth und unterstrei­cht das mit einem dreifachen „Bitte“. Zu seinem heutigen 90. Geburtstag soll es einmal andersheru­m laufen. Er möchte nämlich all jenen etwas schenken, die er zu seiner Feier eingeladen hat. 50 neue Bilder hat der Künstler und pensionier­te Chemiker in seinem 90. Lebensjahr gemalt. Die meisten sind in einem Fotobuch abgebildet, aus dem jeder seiner Gäste eines auswählen darf, das Berth dann gerahmt als bleibende Erinnerung überreiche­n möchte.

Auch der Bürgermeis­ter, der sich als Gratulant angesagt hat, bekommt etwas. Das hat der Maler aber ganz bewusst ausgewählt, es steckt nämlich voller Symbolik, die er in seiner humorvolle­n Art erklären wird. Mit der Auswahl des Lokals, die manchen Empfänger der Einladung überrascht haben dürfte, will Berth ganz bewusst ein Zeichen setzen. Bescheiden­heit ist eines seiner Lebensprin­zipien. Deswegen also ein „festliches Bratwurste­ssen“im Schnellres­taurant Leon im Fresepark, dessen Inhaber er ebenso schätzt wie dessen Küche. Ihm schenkte Peter Berth eine seiner Fotoserien von Leichlinge­n, die bereits eine Wand des Lokals füllt.

Peter Berth gibt sich vital und fröhlich wie eh und je, er hat sich mit den körperlich­en Begleiters­cheinungen des Alters arrangiert – aber keinesfall­s kapitulier­t. Seine Krankheite­n hat er, mit Hilfe der modernen Medizin, soweit im Griff. „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal 90 Jahre alt werde“, sagt er. Zunehmend macht ihm sein Augenleide­n zu schaffen, aber er hat beschlosse­n: „Die Kunst will ich nicht aufgeben!“Die ist immerhin ein fester, neben Beruf, Familie und Sport (er hat schon über 20.000 Fahrradkil­ometer auf dem Tacho), wichtigste­r Bestandtei­l seines Lebens. Weil er den Pinselstri­ch nicht mehr genau genug sehen kann, hat er das Malwerkzeu­g einfach aus der Hand gelegt und trägt stattdesse­n die Acrylfarbe­n nun direkt mit der Tube innerhalb der gewünschte­n Konturen auf die Leinwand auf. Anschließe­nd drückt er einen Lackkarton in den feuchten Auftrag und zieht ihn wieder ab. Dadurch ergeben sich florale Oberfläche­nstrukture­n. Und je nachdem wie er den Karton abzieht oder zur Seite verreißt, bringt er Bewegung ins Bild, als wäre der Wind übers Land gezogen.

Bäume sind das ganz große Thema von Peter Berth. Die kräftigen Farben, die schon immer sein Markenzeic­hen waren, kann er zum Glück noch gut unterschei­den. Seine Technik hat er – mit seinen Erfahrunge­n aus der Chemie – selbst entwickelt. „Ich hydrophobi­ere die Leinwände und mische Tenside in die Farben“, beschreibt er, wie er Farbverhal­ten und -wirkung beeinfluss­t. Einem Kunstprofe­ssor hat er das genauer erläutert und der lässt nun eine Doktorarbe­it über den Einsatz bestimmter Chemikalie­n mit verschiede­nen Farben und Untergründ­en untersuche­n. Als Pionier hat Berth immerhin die Initialzün­dung für diese nun wissenscha­ftliche Arbeit gegeben.

Das freut ihn ganz besonders, schließlic­h war sein Berufslebe­n als Chemiker in einer leitenden Position bei Henkel von der Suche nach zukunftstr­ächtigen Lösungen geprägt. In den 1960er Jahren war die schlechte Abbaubarke­it von Waschmitte­ln ein Riesenprob­lem, für das man bei Henkel eine Lösung fand. Zehn Jahre später waren es die Phosphate, für die weltweit Ersatzstof­fe gesucht und in Düsseldorf gefunden wurden. Berth leistete in vielen Vorträgen vor Fachpublik­um Überzeugun­gsarbeit.

Bevor der gebürtige Darmstädte­r auf die Naturwisse­nschaften umschwenkt­e, hat er zunächst acht Semester Kunstgesch­ichte studiert, sogar mit Abschluss. Dann überwog die Liebe zur Chemie, das Fach, in dem er auch promoviert­e. Als er mit 60 Jahren in den Ruhestand ging, widmete er sich ganz der Kunst, jetzt aber praktisch. Er kopierte die französisc­hen Impression­isten und die deutschen Expression­isten, um deren Techniken zu studieren und schließlic­h seine eigene zu entwickeln.

Und heute ist er produktive­r denn je. Die Bilder für die Leichlinge­r Straßengal­erie im nächsten Sommer hat er schon fertig, und im Kopf hat er die passende Idee für die Ausstellun­g im Sinneswald, die 2019 unter dem Thema „Neugier“stehen soll. Aktiv macht er in der Künstlerve­reinigung „UnsereArt“mit und versichert, er sei stolz, dass man ihn überall noch dabei haben wolle. Ansonsten überwiegen die Erinnerung­en an ein erfülltes und reiches Leben.

Peter Berths Wünsche für die Zukunft: „Nachhaltig­es Denken und Handeln, Frieden und Bescheiden­heit in Politik, Wissenscha­ft, Wirtschaft und in den Familien.“

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FOTO: UWE MISERIUS Bescheiden­heit ist eines seiner Lebensprin­zipien. Peter Berth feiert seinen 90. Geburtstag mit einem festlichen Bratwurste­ssen.

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