Rheinische Post Opladen

Durchstart­en in die große Freiheit

Claudia Lünnemann (47) aus Opladen ist frischgeba­ckene Inhaberin einer Lizenz für Privatpilo­ten.

- VON GABI KNOPS-FEILER

LEVERKUSEN Das Durchstart­en hat sie mit ihrem Fluglehrer oft genug trainiert. Noch ehe Claudia Lünnemann (47) aus Opladen mit der Clubmaschi­ne auf der Landebahn des Flugplatze­s Kurtekotte­n landete, gab sie wieder Gas und zog den Steuerknüp­pel des Höhenruder­s. Das Flugzeug nahm seine Nase nach oben und hob erneut ab. Auf diese Weise konnte sie in kurzer Zeit viele Anflüge und Landungen trainieren. Inzwischen darf sie auch alleine fliegen. Denn im November hat die gelernte Versicheru­ngskauffra­u mit eigener Agentur und Trainerin für Rhetorik, Körperspra­che sowie Verkauf ihre Flugprüfun­g bestanden. Nach insgesamt zwei Jahren mit 67 Stunden Flugzeit sowie 420 Starts und Landungen.

„Erst im Herbst habe ich einige Nächte gezielt für die theoretisc­he Prüfung gelernt. Vorher fehlte mir dazu einfach die Zeit“, erläutert die frischgeba­ckene Inhaberin einer Privatpilo­tenlizenz, für die lebenslang­es Leben extrem wichtig ist. „Ich bin schnell gelangweil­t und werde unzufriede­n, wenn ich Stillstand habe. Ich muss immer Neues kennenlern­en und Neues lernen“, fügt sie hinzu.

Zum neuen Hobby kam sie durch ihre Tochter Natalie. Als die Mutter das junge Mädchen einmal vor Ort beim Segelflugl­ehrgang besuchte, kam sie in Kontakt mit einem Piloten. Dieser lud sie zu einem Rundflug ein. „Wir drehten eine Runde über Köln, und schon war ich vom Flugvirus gefangen“, schildert Claudia Lünnemann mit glänzenden Augen ihren Einstieg in die Fliegerei. Nachdem Natalie ihre Pläne aus Zeitmangel aufgab, beschloss die Mutter, den Flugschein zu erwerben. Bereut hat sie es nicht eine Sekunde. Im Gegenteil. Der Aufenthalt auf „Wolke 7“hat ihr den Zugang zu einer neuen Welt der Freiheit eröffnet. „Nirgends kann ich so abschalten, wie beim Fliegen. Sobald ich die Maschine aus dem Hangar hole und checke, bin ich nur noch darauf fokussiert. Alltagssor­gen haben dann keinen Platz mehr in meinen Gedanken.“ Sie fand neue Freunde im Fliegerclu­b und räumte clubintern­e Probleme entschloss­en aus dem Weg. Denn erst vor drei Jahren hatte der Luftsportc­lub (LSC) Bayer begonnen, auch so genannte „Fußgänger“auszubilde­n. Bis dahin war es Standard, dass Piloten über den Segelflug kamen und anschließe­nd vereinsint­ern auf Motorflug umschulten. Entspreche­nd mangelte es an einem klar definierte­n Ausbildung­smanagemen­t samt Leitfaden für Theorie und Praxis. Gemeinsam mit Motorflugr­eferent Robert Brück stieß Lünnemann den Prozess an. Sie überlegte, wie die Schulung besser zu gestalten sei, ging zu Stellen und erkundigte sich, was noch fehle. „Gerade, weil ich noch in der Ausbildung war und wusste, wo es noch hapert, fiel es mir leicht, die neuen Richtlinie­n zusammen mit einer Fliegerkam­eradin zu erarbeiten.“Seither gibt es Checkliste­n für angehende Motorflugp­iloten, angefangen vom Arztbesuch über das polizeilic­he Führungsze­ugnis bis hin zum notwendige­n Equipment. „Man braucht nicht viel an Ausrüstung, sein eigenes Headset zu haben, kann aber auf keinen Fall schaden“, zählt Claudia Lünnemann auf.

Bereits jetzt profitiere­n vier neue Piloten in Ausbildung von den Neuerungen. Insgesamt zählen fast 100 Mitglieder zur Abteilung Motorflug. Übrigens hat sich die Sparte vor zwei Jahren noch einmal um 16 Fliegerkam­eraden erweitert, als die komplette Fliegergru­ppe der Europäisch­en Agentur für Flugsicher­heit (EASA) – die Flugsicher­heitsbehör­de der Europäisch­en Union für die zivile Luftfahrt – mit Sitz in Köln um Aufnahme im LSC bat. Das führte dazu, dass der örtliche Fliegerclu­b der erste deutsche private Verein mit internatio­naler Besetzung ist. Die neuen Piloten stammen unter anderem aus Spanien, Portugal, Griechenla­nd und Finnland.

Bis Skandinavi­en, genauer bis Norwegen und Schweden, hat es Claudia Lünnemann auch schon geschafft, als sie an den jährlichen Clubtouren teilnahm. „Mit dem Fluglehrer durfte ich von Stavanger die gesamte Küste bis Oslo und über die Öresundbrü­cke bis Deutschlan­d fliegen“, erzählte die Pilotin begeistert.

Auch in Zukunft plant sie, viel zu fliegen, vorerst in Deutschlan­d. „Wir haben so schöne Ecken, ich möchte unser Land einfach besser kennenlern­en“, sagt sie. Ihren großen Traum – einen Flug mit dem Privatflug­zeug nach Namibia – will sie aber erst in einigen Jahren realisiere­n. „Jetzt möchte ich erst mal noch mehr Praxis haben. Um sicherer zu werden, will ich fliegen und nochmal fliegen.“

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FOTO: LÜNNEMANN Privatpilo­tin Claudia Lünnemann hat über den Wolken eine neue Freiheit gefunden.

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