Tillerson macht in Bonn Druck auf Moskau
Der neue US-Außenminister fordert beim G 20-Treffen von Russland Fortschritte in der Ost-Ukraine.
BONNEs sollte ein großer Tag werden in Bonn: für Außenminister Sigmar Gabriel, der zum ersten Mal seine Amtskollegen der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) begrüßen durfte. Für US-Außenminister Rex Tillerson, der seinen ersten großen Auftritt in Europa hatte. Und nicht zuletzt für die Rheinstadt selbst, die sich endlich mal wieder als Ort fühlen darf, an dem Weltpolitik gemacht wird. Während draußen also der ortsansässige Friseur erklärte, wie es früher war, als Ronald Reagan noch zu Besuch kam, kamen drinnen erstmals Tillerson und sein russischer Kollege Sergej Lawrow zusammen, um über die angespannten Beziehungen zu sprechen.
Unklar ist nach wie vor, welchen außen- und sicherheitspolitischen Kurs die neue US-Regierung anstrebt – etwa, was das Verhältnis zu Russland und die Krisen in Syrien und der Ukraine angeht. Tillerson sagte, er habe seinen Kollegen aufgefordert, zu einer Deeskalation der Gewalt in der Ukraine beizutragen. Lawrow betonte nach dem Treffen mit Tillerson hingegen, er sehe eine gute Basis für eine engere Zusammenarbeit: „Es ist klar, dass wir nicht alle Probleme lösen konnten, aber wir haben ein gemeinsames Verständnis, dass wir dort, wo unsere Interessen übereinstimmen, vorankommen müssen.“
Deutlich schärfere Töne kamen aus Brüssel, wo sich gleichzeitig die Nato-Verteidigungsminister trafen. Dort schloss der US-Vertreter James Mattis eine militärische Zusammenarbeit mit Russland im Kampf gegen den IS in Syrien derzeit aus. Washington sei dafür noch nicht bereit, sagte er. Es gebe „sehr wenige Zweifel“darüber, dass die Russen bei einer Reihe von Wahlen in Demokratien entweder eingegriffen hätten oder dies versuchten.
Außenminister Gabriel will mit dem Treffen in Bonn unterdessen ein Zeichen setzen. „Kein Staat der Welt kann die vor uns liegenden Aufgaben alleine lösen. Klimawandel, Terrorismus, Flucht und Migration bewältigen wir nicht in nationalen Grenzen. Das geht nur mit Kooperation und Offenheit“, sagte er. Die Bedeutung der globalen Beziehungen sei deutlich geworden.
Ursprünglich standen in Bonn weder die Ost-Ukraine noch die Spannungen zwischen Russland und den USA auf der Tagesordnung. Doch Gabriel forderte Lawrow am Rande des Treffens auf, die prorussischen Separatisten in der Ost-Ukraine zum Abzug ihrer Waffen von der Front zu bewegen, wie es aus Diplomatenkreisen hieß. Zuletzt hatte es in der seit 2014 von Separatisten kontrollierten Ost-Ukraine die heftigsten Kämpfe seit Langem gegeben. Nun sprach Gabriel von „überraschenden Fortschritten“.