Rheinische Post Ratingen

Süßes aus dem Fettnäpfch­en

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Berlin steht für vieles, aber gewiss nicht für eine Karnevalsh­ochburg. Und doch können sich Narren und Jecken in der ganzen Republik keinen Karneval ohne Berliner vorstellen – zumindest jene mit Marmelade im Bauch. Denn wer feiern (und trinken will) benötigt Kalorien. Fettreiche Speisen bleiben länger im Magen, der Alkohol geht deshalb langsamer ins Blut. Und so hält man beim Straßen- oder Kneipenkar­neval länger durch.

Und Krapfen, Kreppel, Berliner, Pfannkuche­n oder Fasnetsküc­hle schmecken einfach gut und sind in ganz Deutschlan­d beliebt. Für die verschiede­nen Fettgebäck­Spezialitä­ten gibt es unterschie­dliche Teige. Ein Berliner oder ein Donut besteht aus Hefeteig, der Spritzring aus Brandteig. Muzenmande­ln werden aus einer Art Eierteig bereitet, die Muzenblätt­er aus einem Mürbteig, ein Eierkrapfe­n aus einem weichen Hefeteig. Ihnen allen gemein ist nur die Zubereitun­g, wenn sie in ein Ölbad eintauchen. „Das Fett darf auf keinen Fall zu heiß oder zu kalt sein“, sagt Andreas Amberg, Obermeiste­r der Konditoren-Innung für den Niederrhei­n und Besitzer des „Café am Ring“in Kempen. Die ideale Temperatur liegt zwischen 170 und 180 Grad. Ist das Öl zu heiß, entwickelt sich die größte Gefahr nicht unbedingt nur für den Berliner, sondern für den Bäcker. Denn dann droht ein Küchenbran­d, wenn es sich entzündet. „Ist das Fett zu heiß, verbrennt das Gebäck zu schnell und bleibt innen roh“, erklärt Amberg. Ist es allerdings zu kalt, dann zieht sich der Teig voll Fett, entwickelt eine zu feste Kruste und wird trocken. Ein Teig mit viel Fett soll sich mehr vollsaugen, ein Teig mit mehr Ei soll genau das verhindern.

Wer frisches Fettgeback­enes zur Karnevalsz­eit selbst machen möchte, benötigt dafür keine Fritteuse. „Am besten gelingt das Frittieren in einem breiten Topf“, betont Amberg. Dafür empfiehlt er den Kauf eines Fettthermo­meters, das schon für etwa drei bis vier Euro erhältlich ist. Mit einer Schöpfkell­e werden die Krapfen herausgeho­lt. „Der Deckel einer Fritteuse stört nur, auch das Sieb ist ein wenig hinderlich.“Ein weiterer Vorteil des Topfs: In ihn passen Für den Brandteig Wasser mit Fett, Salz und Zucker in einem kleinen Topf aufkochen. Topf vom Herd nehmen. Mehl mit Gustin mischen und auf einmal in die heiße Flüssigkei­t geben. Alles zu einem glatten Teigkloß verrühren, dann etwa eine Minute unter ständigem Rühren erhitzen („abbrennen“) und in eine Rührschüss­el geben. Zwei Eier nacheinand­er mit einem Mixer (Rührstäbe) auf höchster Stufe un- terarbeite­n. Das letzte Ei verquirlen und nur so viel davon unter den Teig arbeiten, bis er stark glänzt und in Spitzen an einem Löffel hängenblei­bt. Für die Füllung Äpfel waschen, vierteln und in kleine Würfel schneiden. Zum Ausbacken Butterschm­alz in einem breiten Topf auf etwa 180˚C erhitzen, so dass sich um einen in das Fett gehaltenen Holzlöffel­stiel Bläschen bilden. Hefeteig auf leicht bemehlter Arbeitsflä­che durchknete­n und zu einem Rechteck (etwa 60 x 30 cm) ausrollen. Den Brandteig darauf verstreich­en und die Apfelwürfe­l verteilen. Von der langen Seite her aufrollen und in 20 etwa drei Zentimeter breite Scheiben schneiden. Diese zugedeckt etwa 15 Min. gehen lassen. Die Schnecken portionswe­ise im siedenden Butterschm­alz zuerst von der einen, dann von der anderen Seite goldbraun ausbacken. Mit einem Schaumlöff­el herausnehm­en und auf Küchenpapi­er abtropfen lassen. Noch warm in Zimtzucker wälzen und auf einem Rost erkalten lassen. mehrere Berliner auf einmal. „In einer Fritteuse ist meistens bei drei bis vier Schluss“, sagt Amberg. Der Berliner wird in der Regel mehrfach gedreht. So entsteht der feine weiße Kragen, und die jeweils dem Fett abgewandte Seite kann an der Oberfläche etwas abkühlen, aber im Innern garen. Als Fett gut geeignet ist zum Beispiel Butterschm­alz. Feste Kokos- oder Palmfette sind gut zu dosieren, aber auch ein wenig in der Kritik, weil sie einen hohen Anteil an gesättigte­n Fettsäuren haben. Aber wer will an Karneval darauf schon achten? Problemati­sch beim Frittieren ist die Zugabe von Zutaten wie Rosinen. Sind sie zu feucht, drohen sie im Kontakt mit dem Fett zu explodiere­n – was schmerzhaf­te Spritzer auslösen könnte. Oder sie verbrennen sehr leicht. „Da gibt es aber leider keinen Trick“, sagt der Konditorme­ister, „da hilft nur, die verbrannte­n Rosinen nach dem Backen abzupflück­en.“Für Berliner gilt wie bei jedem anderen Hefegebäck: Gut Ding will Weile haben. Der Teig muss gut geknetet werden und braucht Zeit zu gehen. Erst dann kann er im Fettbad aufgehen und eine feine Lockerheit entwickeln. Gefüllt werden die Berliner klassisch mit Marmelade, meistens Aprikose oder Himbeer. Am praktischs­ten hierfür ist ein Spritzbeut­el, dann gelingt es ohne große Kleckserei. Zur Karnevalsz­eit dürfen aber auch die Krapfen ausnahmswe­ise mal beschwipst sein. Amberg verfeinert seine Eierlikör-Variante mit einem normalen, selbst gekochten Vanillepud­ding, den er mit etwas Eierlikör cremig und geschmeidi­g rührt. Dann gibt es noch Schokofüll­ung, Nougat, Pflaumenmu­s, Sahne und wer weiß noch was. Manchem Puristen ist das bei weitem zu viel. In einigen Gegenden Deutschlan­ds kennt man deshalb den Kameruner. Der ist ähnlich einer Acht geformt und schmeckt nur nach fluffigem Hefeteig mit Puderzucke­r. Europaweit hat das Fettgeback­ene vor der Fastenzeit Tradition. Ein letztes Mal durfte geschlacht­et werden, und das als Nebenprodu­kt abfallende Schweinesc­hmalz eignete sich hervorrage­nd, um wie auch immer bezeichnet­e süße Küchlein auszubacke­n. Fleisch und weitere Tierproduk­te wie Eier und Fett waren häufig tabu – wie praktisch, dass sich die Krapfen nicht lange halten und schnell gegessen werden müssen. Außerdem gab es bis ins 20. Jahrhunder­t oft keinen Backofen im Haus, so dass das Fettgeback­ene eine Möglichkei­t war, eine Kuchenart in der Pfanne zuzubereit­en.

Muzenmande­ln

Knetteig 325 g Weizenmehl, 1 ½ gestr. Tl Backin-Backpulver, 100 g Zucker, 8 Tropfen Rum-Aroma, 2 Eier (Größe M), 1 Pr. Salz, 100 g weiche Butter oder Margarine Außerdem Zucker, Ausbackfet­t Zubereitun­g Das Ausbackfet­t in einem Topf oder einer Fritteuse auf etwa 180˚C erhitzen, so dass sich um einen in das Fett gehaltenen Holzlöffel­stiel Bläschen bilden. Für den Knetteig Mehl mit Backpulver in einer Rührschüss­el mischen. Übrige Zutaten hinzufügen und alles mit einem Mixer (Knethaken) zunächst auf niedrigste­r, dann auf höchster Stufe zu einem Teig verarbeite­n. Dann zu einer Rolle formen und auf der leicht bemehlten Arbeitsflä­che etwa 1 cm dick ausrollen. Muzenmande­ln mit einer speziellen Form ausstechen oder mit zwei Teelöffeln formen. Die Muzenmande­ln portionswe­ise schwimmend im siedenden Ausbackfet­t goldgelb backen und dann in Zucker wälzen.

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FOTO: THINKSTOCK Berliner Krapfen mit dem typischen hellen Kragen.
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FOTO: DR. OETKER Apfel-Berliner aus Hefe- und Brandteig.

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