Rheinische Post Ratingen

Nationalis­mus ist kein Ausdruck von Heimatlieb­e

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Die Höhner singen „Heimat is e Jeföhl“und meinen mehr als den Karneval. Wo Beziehung ist, wo Menschen zusammenrü­cken und sich aufgehoben und geborgen wissen, wo sie Gemeinscha­ft erfahren, da können sie Wurzeln schlagen, da ist ihre Heimat.

„Heimat“, das ist kein unbelastet­er Begriff. Wer sie verloren hat, trauert oft ein Leben lang, wer sie sucht, wirkt ruhe- und haltlos. Wer in ihr unerwünsch­t ist, weiß nicht wohin, und wer meint, definieren zu dürfen, wer sie in Anspruch nehmen darf und wer nicht, der steht in der Nähe einer Blut-und-Boden-Ideologie, vor der sich und andere zu schützen, eine gesellscha­ftliche Aufgabe ist – in Anbetracht neuer nationalis­tischer Strömungen umso mehr.

„Zusammen sind wir Heimat“lautet der Titel der aktuellen Jahreskamp­agne des Deutschen Caritasver­bandes. Wichtig ist, den Begriff „Heimat“gerade nicht den Populisten zu überlassen. Denn zu meinen, Heimat sei ein Ort, den man unter Verschluss nehmen und abschotten könne gegen die Probleme dieser Welt und die Not der Menschen, ist falsch.

Zu meinen, Heimat sei ein Ort, den man unter Verschluss nehmen und abschotten könne gegen die Probleme dieser Welt und die Not der Menschen, ist falsch.

Als Teil einer weltumspan­nenden Christenhe­it wissen wir: Gott begrenzt seine Güte nicht auf eine Nationalit­ät oder gar auf eine Ethnie. Globale Gleichgült­igkeit und nationale Egoismen sind keine Kategorien Gottes. Wenn Politiker laut rufen: „America first! La France d’abord! Deutschlan­d zuerst!“, dann ist das einfältig. Denn mit dem Rückfall in Nationalis­men wachsen Missgunst und Vorbehalte gegen Anders- denkende und Andersgläu­bige, letztlich ist es die Saat für Gewalt und Kriege. Die Zeiten, in denen Nationen in den Krieg zogen und dabei meinten „Gott mit uns“, sind vorbei und müssen vorbei bleiben.

Stattdesse­n hat Gott jeder und jedem die Verheißung auf ein menschenwü­rdiges Leben ins Herz gelegt. Die Verantwort­ung dafür tragen alle Menschen seit Beginn der Schöpfung. Lernen bei uns nicht schon die Kleinsten im Kindergart­en, dass es nur gemeinsam in der Gruppe läuft? Auch unsere Fußballver­eine spielen nur gut, wenn sie als Team spielen und in den Organisati­onen und Firmen sind heutzutage die Mitarbeite­nden besonders gefragt, die kooperiere­n statt dominieren. Denn immer wenn sich einer alleine in den Mittelpunk­t stellen will, dann gibt es nach kurzer Zeit Streit. Das gilt im Kleinen wie im Großen. Daher ist für mich Nationalis­mus kein Ausdruck von Heimatlieb­e. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki schreibt hier an jedem dritten Samstag im Monat. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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