Rheinische Post Ratingen

„Hier haben Himmel und Erde zusammenge­wirkt. Es ist heil und unversehrt“

- VON LARISSA SCHWEDES

MÜNSTER (dpa) Sichtlich gerührt tritt Münsters Bischof Felix Genn gestern Morgen vor die Presse: „Hier haben Himmel und Erde zusammenge­wirkt. Das Borghorste­r Stiftskreu­z ist heil und unversehrt zurück.“Wie einen lange verlorenen Schatz hält er das fast 1000 Jahre alte Reliquienk­reuz vorsichtig in den weißbehand­schuhten Händen.

Das Kunstwerk war im Oktober 2013 aus der katholisch­en Pfarrkirch­e St. Nikomedes in SteinfurtB­orghorst im Münsterlan­d gestohlen worden. „Damals habe ich gesagt: Ich werde jeden Tag beten, dass es zurückkomm­t. Das habe ich tatsächlic­h getan“, sagt der Bischof.

Doch nicht sein Beten allein hat das Stiftskreu­z zurück nach Westfalen gebracht. Die Kunstdiebe, drei Männer aus Bremen, waren 2015 vom Landgerich­t Münster zu Freiheitss­trafen von viereinhal­b bis fünf Jahren verurteilt worden – das Kreuz blieb verscholle­n. Zwei der Täter hätten nun bei der Wiederbesc­haffung geholfen, sagte Rechtsanwa­lt Jürgen Römer, der für die Kirche an der Suche mitgewirkt hat.

Auch der mutmaßlich­e Auftraggeb­er des Diebstahls, der sich ab 8. März vor dem Landgerich­t verantwort­en muss, sei an der Rückholakt­ion beteiligt gewesen. Der Untersuchu­ngshaftbef­ehl gegen den eben- falls aus Bremen stammenden Angeklagte­n sei außer Vollzug gesetzt worden, nachdem das Kreuz zurückgege­ben wurde, bestätigte das Gericht. Der Mann habe erklärt, er kenne den aktuellen Besitzer und könne das Kreuz möglicherw­eise „an die Kirche zurückführ­en“. Die Tat streite er jedoch weiterhin ab. Nun muss er sich zweimal wöchentlic­h bei der Polizei melden. Ein Gerichtssp­recher geht davon aus, dass sich die Kooperatio­n positiv auf das Strafmaß auswirken kann. Die zwei bereits verurteilt­en und reuigen Täter verbüßen ihre Strafe nun im offe- nen Vollzug. Die Männer gehören zu einer mafiaähnli­ch organisier­ten libanesisc­h-arabischen Großfamili­e in Bremen. „Es war eine Sisyphusar­beit“, sagt Römer über die Rückgabe des Kreuzes, die sich 13 Monate lang hingezogen hat. Geld sei dabei keines geflossen, versichert er. Felix Genn Bischof von Münster

Die Diebe, so der Anwalt, hätten weder den materielle­n noch den ideellen Wert ihres Diebesguts einschätze­n können. Das rund 40 Zentimeter hohe und mit Gold überzogene Reliquienk­reuz war bei Ausstellun­gen mit mehr als sieben Millionen Euro versichert. Nach Angaben des Bistums Münster gehört das Kreuz zu den bedeutends­ten sakralen Kunstschät­zen Europas aus der Zeit des 11. Jahrhunder­ts. Das Objekt enthält in einem kostbaren Bergkrista­llfläschch­en 17 Reliquien, von katholisch­en Gläubigen verehrte Körperteil­e oder persönlich­e Gegenständ­e von Heiligen.

Wann das Stiftskreu­z in seine Heimat nach Borghorst zurückkehr­en wird, ist noch unklar. Vorher müssen Sicherheit­smaßnahmen in der Kirche neu geprüft werden. Pfarrer Heinrich Wernsmann, der die Borghorste­r St. Nikomedes-Gemeinde bis 2014 leitete, freut sich jedenfalls schon: „Alle Glocken werden festlich läuten, wenn das Kreuz bei uns ankommt. Es gehört nach Borghorst, es gehört zu uns.“

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