So war der Karneval in Ratingen früher
RATINGEN Der Blick zurück ist gerne mal rosa umflort – ob er von den Alt68ern, den Jecken oder auch den Ratinger Karnevalisten getan wird. Also: Es gab an den tollen Tagen tol- lere Feste, weniger Schnickschnack, vielleicht ein bisschen mehr Alkohol im Saal, aber entscheidend weniger Umdrehungen in Kinderköpfen auf Ratinger Straßen. Und was die Mottos (Duden-korrekt gesagt) betrifft, da haben die Ratinger Karnevalsverantwortlichen bis in die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts einen beständigen Eiertanz zwischen Mundart und Hochdeutsch und Gereimtem mit Knubbelen gewählt. Doch immer obsiegte rheinisches Gemüt.
Die Karnevalsgesellschaften hatten sich aus den Brunnen-Gemeinschaften entwickelt, die rund um die von ihnen gehüteten Wasserstellen allerlei Frohsinn entfachten. Und überhaupt, siehe oben: Rheinisch setzt sich durch. Selbst, wenn es immer wieder Zeitgenossen gibt, die da „dem Karneval entfliehen“und die „nicht auf Knopfdruck fröhlich sein wollen“. Was man beim Lachen im Keller auch nicht sein kann. Die Jecken wiederum lassen sie gewähren.
Vor den 30er Jahren schwangen sich die Ratinger noch per Straßenbahn auf nach Düsseldorf, um dort zu feiern. Und so machte die Ratinger Zeitung zornig eine Rechnung auf, nach der angenommene 2000 „fahnenflüchtige“Feiernde bei einer solchen Aktion für den Spaß in der Nachbarschaft hochgerechnet 4000 Mark – inklusive des Fahrgelds – verballert hätten, mit denen man sehr wohl etwas Zugmäßiges auf die Beine hätte bringen können.
1935 gab es dann ein Karnevalskomitee, das Prinzenpaar Heinz Wingerath und Ida Krümmel, einen kleinen Umzug und das Motto „Mir sind och noch do“. Es rüsteten die Gesellschaften auf und selbst die Kompanien des Sommerbrauchtums, die Schützen, feierten.
Wilfried Link, Blau-Weißer, karnevalistisches Urgestein und Prinz im Jahr 1960 (mit Prinzessin Anne- marie Stolzenberg und dem Motto „Mer trecke doch“), erinnert sich daran, dass er als Kind mit den Eltern zum Karneval zog und auch später mit ihnen auf Sitzungen war. Jeck zu sein war eine Familienangelegenheit, oft auch durch kirchliche Veranstaltungsorte geadelt und vom Kaplan unterstützt. Die NSDAP versuchte schließlich Karnevalsbe- geisterung in werbewirksame Partei-Großveranstaltungen umzuleiten, zahlte Zuschüsse und ließ Besucher aus umliegenden Städten in Bussen zum Ratinger Zug karren. Es gab 1939 noch einmal Karneval und Zug und dann, wie man weiß, nichts mehr zu lachen. Erst nach 1946 durften sich die Jecken – genau wie die Schützen – wieder zusammen-