Rheinische Post Ratingen

So wird gewählt

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Christlich-Demokratis­cher Aufruf gegen Christen-Union, Partei für die Freiheit gegen Volksparte­i für Freiheit und Demokratie. Wer nur die Namen der in der niederländ­ischen Zweiten Kammer vertretene­n Parteien liest, kann sich vorkommen wie in Monty Pythons „Das Leben des Brian“, wo sich die Volksfront von Judäa mit der Judäischen Volksfront streitet. Aber: Die Vielzahl der Parteien im Parlament hat System. Elf haben es bei der Wahl 2012 in die Zweite Kammer geschafft, darunter auch Kleinstgru­ppen wie die Partei für die Tiere und die orthodox-calvinisti­sche Reformiert­e Politische Partei. Während in Deutschlan­d die Fünf-ProzentHür­de eine Zersplitte­rung des Parlaments verhindern soll, gibt es in den Niederland­en keine Sperrklaus­el. Wer genug Stimmen zusammenbe­kommt, um einen Sitz im Parlament zu ergattern, der zieht ein. Bei 150 Sitzen in der Zweiten Kammer sind das derzeit 0,67 Prozent. Dafür reichen rund 60.000 Stimmen. Aus Angst vor Manipulati­onen durch Hacker-Angriffe werden die Stimmen dieses Mal übrigens per Hand ausgezählt. Die Sperrklaus­el ist aber nicht der einzige Unterschie­d im Vergleich zu Deutschlan­d: Der Wahltag fällt im Nachbarlan­d nicht auf einen Sonntag, sondern auf einen Mittwoch – aus protestant­ischer Tradition. Das Parlament besteht aus zwei Kammern. Die Erste Kammer, der Senat, setzt sich aus 75 nebenberuf­lichen Abgeordnet­en zusammen, die von den Abgeordnet­en der zwölf Provinzpar­lamente gewählt werden. Die politisch wichtigere Zweite Kammer wird direkt vom Volk gewählt – es ist der niederländ­ische Bundestag. Die Wahl findet alle vier Jahre statt, allerdings kommt es in den Niederland­en häufig zu vorgezogen­en Wahlen. Ein Grund sind die unklaren Verhältnis­se im Parlament – schnell können Mehrheiten kippen und Regierunge­n handlungsu­nfähig werden. Die Wahlen 2003, 2006, 2010 und 2012 waren allesamt vorgezogen. Der größte Unterschie­d zum politische­n System in Deutschlan­d ist aber das Staatsober­haupt: Der König bildet zusammen mit dem Ministerra­t die Regierung, er leitet auch den Staatsrat, das Oberste Verwaltung­sgericht, dessen 28 Mitglieder vom Monarchen auf Lebenszeit berufen werden.

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