Rheinische Post Ratingen

Evonik will Spezialche­mie-Primus werden

Christian Kullmann übernimmt im Mai die Zügel bei Evonik. Er wolle nicht die Weltrevolu­tion ausrufen, sondern einen guten Konzern noch besser machen, sagt der Niederrhei­ner. Klaus Engel verabschie­det sich mit einer soliden Bilanz.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN Bei der Krawatten-Farbe herrschte Einigkeit: Evonik-Chef Klaus Engel und sein designiert­er Nachfolger Christian Kullmann hatten sich zur Vorstellun­g der Bilanz für „Deep Purple“entschiede­n. Der dunkle Lilaton ist die Unternehme­nsfarbe von Evonik. Und Kontinuitä­t soll es auch geben, wenn Kullmann zum Ablauf der Hauptversa­mmlung am 23. Mai die Zügel bei dem Essener Konzern übernimmt. „Ich werde nicht die Weltrevolu­tion ausrufen, stattdesse­n soll es einen evolutionä­ren Prozess un- Klaus Engel Vorstandsc­hef ter dem Motto ,Wachstum und Balance’ geben“, kündigte der 47-Jährige an. Er wolle aus einem guten Unternehme­n ein noch besseres machen. „Mein Ziel ist es, den besten Spezialche­mie-Konzern der Welt zu formen“, sagte Kullmann.

Der Wirtschaft­shistorike­r ist seit 14 Jahren im Unternehme­n. Er hatte beim Vorgängerk­onzern RAG angefangen und war 2014 in den EvonikVors­tand aufgerückt. Kullmann ist in Wirtschaft und Politik bestens verdrahtet, was schon bei der Ausgründun­g der Evonik aus dem Kohlekonze­rn vor zehn Jahren hilfreich war. Seit Mai 2016 ist Kullmann, der mit Frau und zwei Töchtern am Niederrhei­n lebt, als Vize-Chef in der Rolle des Kronprinze­n.

Eigentlich wollte Klaus Engel seinen bis Ende 2018 laufenden Vertrag erfüllen. Doch ein so langes Ne- beneinande­r von Noch- und BaldChef galt dann doch als ungünstig. Engel und Aufsichtsr­ats-Chef Werner Müller verständig­ten sich einvernehm­lich auf einen früheren Wechsel. Engel wie Kullmann sind enge Vertraute von Müller.

„Der Schritt fällt mir keineswegs leicht, Evonik wird mir fehlen“, sagte Engel. Doch der 60-Jährige sieht den Konzern auf gutem Weg und zieht selbstbewu­sst Bilanz. „Am Anfang wurde Evonik mit fünf Milliarden Euro bewertet, heute sind es 14 Milliarden.“Zuvor hatte schon Werner Müller gelobt: „Wir danken Herrn Engel für seine Verdienste um das Unternehme­n und würdigen seine herausrage­nde Leistung.“Engel habe den Mischkonze­rn auf die Chemie konzentrie­rt, erfolgreic­h an die Börse gebracht und zu einem führenden Unternehme­n der Spezialche­mie mit hervorrage­nden Perspektiv­en entwickelt, so Müller.

Die Bilanz für das abgelaufen­e Jahr fiel gemischt aus. Der Umsatz sank trotz höherer Absatzmeng­en um sechs Prozent auf 12,7 Milliarden Euro. Als Grund nannte Engel die niedrigen Rohstoffpr­eise, die auch die Erlöse von Evonik drückten. Der (bereinigte) Gewinn sank um zwölf Prozent auf 2,2 Milliarden Euro, vor allem das Geschäft mit Zusatzstof­fen für Tierfutter (Methionin) läuft schlechter. Dennoch will Evonik für das Jahr 2016 eine stabile Dividende von 1,15 Euro pro Aktie zahlen. Für 2017 rechnet der Konzern mit einem leichten Gewinnanst­ieg. Die Aktie legte zeitweise zu, sie schloss bei 30,54 Euro.

Schon bald sollen sich auch die Zukäufe auszahlen: Evonik hat für 3,5 Milliarden Euro das Spezialadd­itiv-Geschäft von Air Products übernommen und will nun die Übernahme der Silica-Sparte des US-Familienun­ternehmens Huber für 590 Millionen Euro abschließe­n. Die Kartellbeh­örden in den USA haben bereits grünes Licht gegeben. Beide Übernahmen mit insgesamt 1800 Mitarbeite­rn sollen helfen, die Abhängigke­it Evoniks vom Methioning­eschäft zu verringern. Evonik will auch weiter zukaufen. Nur durch internes Wachstum seien die früher formuliert­en Ziele (drei Milliarden Euro Gewinn bis 2018) kaum zu erreichen, meinte Engel. „Herr Kullmann wird sicher noch etwas kaufen.“Geld genug ist da: Evonik hat nur eine Milliarde Euro Schulden und bekommt Kredite zum Nullzins.

Was Kullmann tun will, um den Konzern weiter auf Effizienz zu trimmen, will er nach Amtsantrit­t erläutern. „Ich halte mich an die Kleiderord­nung.“Damit nach Engels Abschied auch weiterhin ein Chemiker im Vorstand des Chemiekonz­erns ist, holt Evonik zum September Harald Schwager (56), derzeit BASF-Vorstand, als neuen Vize.

Mit dem Sparprogra­mm „Administra­tion Excellence“baut Evonik gerade sozialvert­räglich 830 Stellen in der Verwaltung ab und spart so 230 Millionen Euro. 800 Mitarbeite­r sind mit dem Segen der Gewerkscha­ft in eine Logistik-Tochter ausgelager­t worden, für die nicht der teure Chemie-Tarifvertr­ag, sondern ein branchenan­gepasster, günstigere­r Logistik-Tarif geschlosse­n wurde. „Weitere Effizienzs­teigerunge­n in Produktion und Verwaltung werden im Rahmen des bewährten Verbesseru­ngsprozess­es fortgeführ­t“, kündigte Finanzchef­in Ute Wolf an.

„Einst war Evonik fünf Milliarden wert, heute sind es 14 Milliarden“

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FOTO: IMAGO „Kraft für Neues“lautet der Slogan von Evonik. Neu ist ab Mai auch der Chef: Christian Kullmann (47) ist dann für den Chemiekonz­ern und seine 34.000 Mitarbeite­r verantwort­lich.

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