Rheinische Post Ratingen

„Alive and Swingin’“– Das deutsche Rat Pack quatscht zu viel

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

DÜSSELDORF „Düsseldorf ist heute Las Vegas!“, ruft Michael Mittermeie­r den rund 3000 Besuchern in der ausverkauf­ten Mitsubishi-ElectricHa­lle zu. Die Menschen schauen sich verwirrt an: Las Vegas? Wo sind die Spielautom­aten? Worauf der Comedian und Moderator des Abends hinaus will: In Düsseldorf soll für drei Abende der Geist der legendären Vegas-Show des Rat Packs wieder aufleben.

Rea Garvey, Xavier Naidoo und Sasha sind Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis Jr. und tatsächlic­h stimmgewal­tig genug, um ihre Idole mit Songs wie „Come Fly With Me“, „My Way“oder „Something Stupid“, das Garvey und Naidoo im Duett singen, wieder auferstehe­n zu lassen.

Die Show „Alive and Swingin’“ist allerdings kein originalge­treues Abbild eines Rat-Pack-Abends. Vielmehr versuchen die ausschließ­lich in Deutschlan­d prominente­n Her- ren mit der zwölfköpfi­gen Tobias Kremer Big Band, Flair und Humor des amerikanis­chen Originals ins Deutsche zu übersetzen.

Mittermeie­r tritt mit seinem bitterböse­n bayrischen Witz in die Fußstapfen von Joey Bishop („Das Rat-Pack-Mitglied, das heute niemand mehr kennt“) und gibt jedem eine ordentlich­e Portion Sprüche mit auf den Weg: Garvey nimmt er immer wieder wegen seines englisch-deutschen Sprachmix ordentlich aufs Korn, Sasha, weil er für den Comedian als Verheirate­ter bloß ein Ex-Frauenheld ist. Soweit und so politisch unkorrekt.

Wirklich lustig ist allerdings, dass Xavier Naidoo genug Selbstiron­ie beweist, um seinen Hang zu Verschwöru­ngstheorie­n durch den Kakao zu ziehen: „Der nächste Song handelt von einem Ort, an dem noch nie ein Mensch gewesen ist“, moderiert er „Fly Me To The Moon“an.

Früher Höhepunkt der Show ist ein Schlagabta­usch mit James- Bond-Titelsongs: Rea Garvey gibt mit „Skyfall“die Adele, Xavier Naidoo zeigt mit Shirley Basseys „Goldfinger“, dass er immer noch die Referenzgr­öße im deutschen Soul ist, und Sasha hat auch etwas Passendes gefunden: Paul McCartneys Genre-Großtat „Live And Let Die“, und die Big Band orchestrie­rt die Songs explosiv.

Was am Ende des über dreistündi­gen Abends dann doch ziemlich überrascht, ist der übergroße Wortanteil der Veranstalt­ung. Musikali- sche Einlagen scheinen eher als Auflockeru­ng eines gut einstudier­ten Comedy-Programms gedacht. In der zweiten Hälfte des Programms werden dann sogar die Songs komödianti­sch: Wenn Sasha und Naidoo Reinhard Meys „Über den Wolken“parodieren – oder getreu dem Prinzip der Sendung „Sing meinen Song“Stücke der anderen aufführen.

Fazit der Vegas-Show in Düsseldorf: Das deutsche Rat Pack labert zu viel.

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