Großbrand: Angeklagte freigesprochen
In der Hauptverhandlung seien die Vorwürfe gegen die beiden Asylbewerber nicht mit der nötigen Sicherheit bewiesen worden, erklärte das Gericht. So seien Zeugenaussagen während der Ermittlungen nur unzureichend übersetzt worden.
Aus Mangel an Beweisen hat das Landgericht gestern zwei Asylbewerber aus Algerien und Marokko freigesprochen, die der Brandstiftung bzw. der Anstiftung zur Brandstiftung in einer Flüchtlingsunterkunft angeklagt waren. Die beiden 27-Jährigen hatten die Vorwürfe im Prozess, der Mitte Januar begann, stets bestritten.
In der ehemaligen Lagerhalle der Messe waren die beiden Nordafrikaner im vergangenen Sommer mit 280 männlichen Asylbewerbern untergebracht. Im Juni habe der Algerier aus Zorn darüber, dass trotz des muslimischen Fastenmonats Ramadan für die Nicht-Muslime auch tagsüber Essen ausgegeben wurde, eine Flasche Wodka auf einer Matratze im hinteren Bereich der Halle ausgegossen und diese angezündet, hatte es in der Anklage geheißen. Der Marokkaner soll den Haupttäter ausdrücklich dazu aufgefordert und angestachelt haben. Doch zuletzt hat auch die Staatsanwaltschaft Zweifel gehabt. „Es kann so gewesen sein, wie es in der Anklage steht. Aber wir wissen es nicht,“hatte der Vertreter der Anklage erklärt und selbst die Freisprüche beantragt, die das Gericht gestern verkündete.
Gestützt hatte sich die Anklage ursprünglich auf die Aussagen anderer Bewohner der Halle. Einige hatten direkt nach dem Feuer schwere Vorwürfe gegen die beiden Angeklagten erhoben. Im Prozess seien diese Anschuldigungen aber „nach und nach weggebrochen“, so der Staatsanwalt gestern. So hatten sich Aussagen von Belastungszeugen, die direkt nach dem Großbrand von der Polizei befragt worden waren, im Prozess wegen möglicher Übersetzungsfehler von Dolmetschern als nicht tragfähig erwiesen. „Das Problem der Verständigung“führte laut Staatsanwalt dazu, dass im Gerichtsverfahren selbst Kernaussagen wichtiger Zeugen „zum Teil deutlich von deren polizeilichen Aussagen abgewichen sind“.
Auch die Richter sahen das Kernproblem des Verfahrens darin, dass bei den Ermittlungen offenbar am falschen Ende gespart worden sein könnte. Statt versierte Dolmetscher bei Vernehmungen hinzuzuziehen, wurden die Aussagen von Zeugen offenbar nur grob und dem Inhalt nach übersetzt. Der Hauptbelastungszeuge etwa hatte im Prozess beteuert, „nie“von zwei Männern gesprochen zu haben, die mit Wodka an der Matratze hantiert hätten, sondern stets nur von dem Algerier. Dessen Verteidiger hatte von Anfang an auf Freispruch gedrängt, weil sei Mandant nach eigener Aussage zur Brandzeit sogar geschlafen habe und erst von Betreuern geweckt worden sei. Und auch diese Aussage sei letztlich aufgrund von Übersetzungsproblemen nicht zu widerlegen gewesen, so das Gericht, das nach dem Grundsatz „im Zweifel für die Angeklagten“entschied. Die Anklage sei nicht „mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit“bewiesen worden.
Die rund 6000 Quadratmeter große Halle war bei dem Feuer völlig
Es ist ein großes Glück, dass bei diesem Brand niemand gestorben ist. Für all jene Bewohner und Mitarbeiter, die gerade noch mit dem Schrecken davon gekommen sind, ist dieses Urteil ein schlechter Witz. Es war von Anfang an klar, dass das Feuer gelegt worden ist – und schnell nannten Polizei und Staatsanwaltschaft auch die mutmaßlichen Umstände der Tat. Leider haben sie es versäumt, Beweise für ihre Theorien zu sichern. Wie kann das in einem so wichtigen Fall passieren? Der Freispruch mag richtig gewesen sein. Davor steht aber ein krasses Versagen der Ermittlungsbehörden, das fassungslos zurücklässt. Es ist niemandem zu vermitteln, dass am Ende kein Schuldiger für diese menschenverachtende Tat am helllichten Tag zur Rechenschaft gezogen wird.
arne.lieb@rheinische-post.de zerstört worden, ein Bewohner und ein Feuerwehrmann waren leicht verletzt worden. Den entstandenen Sachschaden bezifferte die Stadt als Betreiberin der Unterkunft auf rund zehn Millionen Euro. Tragen wird ihn nach dem rechtskräftigen Urteil nun wohl die Allgemeinheit. Der Hauptangeklagte, der bis vergangene Woche in U-Haft saß, muss von der Staatskasse für jeden Haftmonat mit 750 Euro entschädigt werden. Der Mitangeklagte ist bereits seit Oktober auf freiem Fuß.