Rheinische Post Ratingen

Finanzkris­en stärken Rechte

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Bei ökonomisch­en und politische­n Krisen steht die Bevölkerun­g hinter ihrer Regierung. Droht aber der Verlust der Ersparniss­e, neigen Wähler zur radikalen Rechten.

Sicherheit ist eine der wichtigste­n Variablen bei ökonomisch­en Entscheidu­ngen. Menschen sind bereit, auf Gewinne, höheres Einkommen oder größere Kursanstie­ge zu verzichten, wenn sie dafür mehr Sicherheit einkaufen können. Ökonomen sagen, wirtschaft­liche Akteure haben eine Scheu vor Risiken, ihr Verhalten nennen sie risikoaver­siv.

Bei Ersparniss­en spielt das eine besonders große Rolle. Denn die werden in der Regel über einen längeren Zeitraum angehäuft, um gegen die Widrigkeit­en im Leben wie Arbeitslos­igkeit, aber auch für das Alter gerüstet zu sein. Die Gefahr, diese Ersparniss­e zu verlieren, macht Menschen anfällig für politische Extreme. Finanzkris­en und die daraus folgenden Unsicherhe­iten tragen enorm dazu bei.

In einer jüngeren Studie haben die drei Wirtschaft­shistorike­r Manuel Funke, Moritz Schularick and Christoph Trebesch Ergebnisse zusammenge­tragen, die einen klaren Zusammenha­ng zwischen Finanzkris­en und signifikan­ten Stimmengew­innen für rechtsextr­eme und rechtspopu­listische Parteien belegen. Sie untersucht­en dazu 827 Wahlen in 20 Ländern zwischen den Jahren 1870 und 2014. Besonders nach den Finanzkris­en von 1929 und 2008 (Lehman-Pleite) und 2010 (Euro-Schuldenkr­ise) gingen die Anteile für Parteien wie den Front National in Frankreich, die europafein­dliche Ukip in Großbritan­nien, die rechtspopu­listische PVV in den Niederland­en oder etwas verspätet die AfD nach oben. Anfang der 30er Jahre profitiert­en davon die Faschisten in Italien und die Nazis in Deutschlan­d.

Dieser Zusammenha­ng gilt nicht für schwere Wirtschaft­skrisen wie den Ölpreissch­ock der 70er Jahre oder den Anstieg der Arbeitslos­igkeit in Deutschlan­d auf fünf Millionen im Jahr 2005. Hier sammelt sich die Bevölkerun­g eher hinter der Regierung. Man kann also sagen, dass Bankenregu­lierung und Finanzmark­tüberwachu­ng den besten Schutz vor Rechtspopu­listen und extreme Nationalis­ten bieten. Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

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