Rheinische Post Ratingen

Evonik macht Lachse zu Vegetarier­n

Bisher werden Zuchtlachs­e auch mit Fischöl gefüttert, damit sie genügend Omega-3-Fettsäuren enthalten. Nun soll ein auf Algen basierende­s Ersatzöl in einer riesigen Anlage hergestell­t werden. Auch Greenpeace lobt das Projekt.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

ESSEN/BERGEN Schon länger versucht der Essener Spezialche­miekonzern Evonik sich mit seinen Produkten als Löser wichtiger Menschheit­sprobleme jenseits der reinen Geschäftem­acherei zu profiliere­n. Gestern präsentier­te er ein neues Vorhaben: Gemeinsam mit dem niederländ­ischen Partner DSM wollen die Deutschen in den USA für 200 Millionen Dollar (190 Millionen Euro) eine große Anlage aufbauen, in der künstliche­s Fischöl basierend auf einer riesigen Zucht spezieller Algen hergestell­t wird.

Ein Clou: Der Zwang, immer mehr Fische zu fangen, nur um sie zu Fischöl für die Lachszucht zu verarbeite­n, entfällt. Der zweite Clou: Das Ersatzöl soll sauberer und reiner sein. Schließlic­h enthält das aus den gefangenen Fischen erzeugte Öl war Schwermeta­lle. Und das künstliche Öl soll einen höheren Anteil der für die Gesundheit so wichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA enthalten. „Wenn alles gut geht, gehen wir 2019 auf den Markt“, sagt Reiner Beste, Leiter der für Ernährungs­produkte zuständige­n EvonikSpar­te.

Bei Greenpeace lobt Meeres-Expertin Sandra Schöttner: „Die Gewinnung von Omega-3-Fettsäuren aus Meeresalge­n kann durchaus dazu beitragen, überfischt­e Speisefisc­hbestände zu schonen.“Allerdings müssten die gigantisch­en Lachsfarme­n vor den Küsten Norwegens und Chiles deutlich ökologisch­er arbeiten, damit sie mit der Umwelt harmoniert­en. Und der Ex- perte für Fischereie­rnährung, Ulfert Focken, vom Ahrensburg­er Institut für Fischereiö­kologie, spricht von einer „tollen Sache“: „Wenn es denen gelingt, Algenöl mit hohem Gehalt an Omega-3-Fettsäuren zu einem relativ günstigen Preis herzustell­en, dann ist das ein großer Fortschrit­t. Dann könnten die Lachse aus der Aquakultur eine höhere Qualität als Lebensmitt­el bekommen, weil sie mehr Omega-3-Fettsäuren zugeführt bekommen.“

Dagegen könne die Menge an Fischöl aus der Fangfische­rei nicht mehr „nachhaltig gesteigert“werden. Seine Prognose: „Wenn das wirtschaft­lich ist, kann das für den ganzen Aquakultur­sektor wichtig werden.“

Dabei wollen Evonik und DSM die Logik eines ganzen Marktes ändern. Schon schnell soll ein Sechstel des weltweit für die Lachszucht verwertete­n Futteröls aus der Fabrik des Duos kommen – aktuell werden laut Evonik pro Jahr eine Million Tonnen Fischöl weltweit hergestell­t. Der Preis stieg seit 2005 von 500 Dollar pro Tonne auf rund 2000 Dollar. Da lohnt sich eine Ersatzprod­uktion.

Um günstig zu produziere­n, soll die Fabrik in den USA entstehen, um dort vom billigen Mais als verflüssig­ter Nahrung für die Algen zu profitiere­n.

Evonik und DSM sind zuversicht­lich, für das Öl einen etwas höheren Preis als für das echte Fischöl zu erhalten, weil der produziert­e Lachs dann auch begehrter sein werde. Manager Beste sagt es so: „Die Menschen profitiere­n dank guter Ernährung, die Natur dank Schonung der

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FOTO: DPA Fisch wird bei den Deutschen als Nahrungsmi­ttel immer beliebter: Die Verbrauchs­menge lag im vergangene­n Jahr bei 14,4 Kilogramm pro Kopf – 20 Prozent davon entfielen auf den Lachs.

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