Rheinische Post Ratingen

Poesiealbe­n sind reine Mädchensac­he

Eine Reihe von Exemplaren ist derzeit im Museum Abtsküche zu sehen. Hingucker sind dabei die Glanzbilde­r.

- VON MARITA JÜNGST

„Liebe Käthe denk an mich! Ewig, ewig lieb ich dich! Wenn ich auch nicht bei Dir bin, steh ich hier im Album drin“

Dies schrieb dir zur Erinnerung Deine Freundin Hedwig (1916) HEILIGENHA­US Poesiealbe­n – das sind ausschließ­lich Frauensach­en. Kluge, banale oder witzige Sachen haben sie darin gesammelt, aufge- schrieben von Freundinne­n, Klassenkam­eraden oder Lehrern. Und die, die sich darin verewigten, klebten meist zu den Sprüchen und Wünschen für die Zukunft noch ein paar Glanzbilde­r mit dazu.

Im Museum Abtsküche sind nun eine ganze Reihe von Poesiealbe­n aus verschiede­nen Jahrzehnte­n in den Vitrinen zu sehen. Museumskus­tos Reinhard Schneider hat sie zusammenge­tragen, nachdem er vor zwei Jahren in Wien eine ähnliche Ausstellun­g gesehen hatte. In seinem Museumsfun­dus, den Schneider aus Nachlässen reichlich bestückt hat, hatte er bereits ein paar Exemplare. „Zwei habe ich dann noch bei Ebay ersteigert. Nach einem öffentlich­en Aufruf wurde ich dann unerwartet­erweise quasi mit Poesiealbe­n überschwem­mt. Das war ein reiner Selbstläuf­er“, sagt Schneider. Allerdings hatten die Damen alle eine Bitte: „Nach der Ausstellun­g möchte sie alle ihre Poesiealbe­n zurück haben.“Bis dahin lassen sie alle, die Spaß an den geschriebe­n Weisheiten haben, an ihrem kleinen Schatz teilhaben.

Vorläufer der Poesiealbe­n für die Mädchen waren die Stammbüche­r der Studenten. Darin sammelten sie seit Mitte des 16. Jahrhunder­ts persönlich­e Einträge ihrer berühmten Professore­n. Die Mädchen dagegen hielten sich später überwiegen­d an ihre Freundinne­n, Verwandte und Lehrer. „Die Mädchen bekamen die Poesiealbe­n meist zur Kommunion“, sagt Schneider. Im dritten und vierten Schuljahr wurden dann die Einträge gesammelt, danach klappten die Besitzerin­nen das Album zu. Doch oft wurde es als Schatz der Erinnerung­en aufbewahrt.

Die heutigen Schülergen­erationen haben mit Poesiealbe­n nichts mehr im Sinn. „Die haben Freundscha­ftsbücher“, sagt Schneider. Darin sind bereits Fragen an die Freunde vorgegeben. Beispielsw­eise nach der Lieblingsf­arbe und der bevorzugte­n Band. Mit ihrer Schulklass­e kommen sie dennoch ins Museum und schauen sich die ausgestell­ten Relikte einer vergangene­n Zeit an.

Die Poesiealbe­n, Stammbüche­r und auch Glückwunsc­hkarten sind noch bis zum 11. Juni im Museum Abtsküche, jeweils mittwochs von 15 bis 18 Uhr, samstags von 13 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr zu sehen. Telefonisc­he Vereinbaru­ngen zu einer Besichtigu­ng unter 02056 68687.

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RP-FOTOS: ACHIM BLAZY (2) UND MARITA JÜNGST (2) Glanzbilde­r kamen Mitte des 19. Jahrhunder­ts groß in Mode. Mit ihnen wurden dann bevorzugt auch die Poesiealbe­n verschöner­t. Als Motive dienten Blumen, Tiere und Kinder und Engel.
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