Die Wäsche der letzten Wochen
Der Räumungsverkauf bei Bornemeyer an der Schadowstraße läuft. Ende März schließt das Traditionsgeschäft nach 87 Jahren.
Das Modell 1120 geht in diesen Tagen besonders gut bei Bornemeyer. Ein schlichter schneeweißer Taillenslip für Damen, Typ praktisch. 3100 Stück hat die zuständige Mitarbeiterin schon geordert, und im Räumungsverkauf ist das Höschen für knapp unter fünf Euro ein wahrer Renner. „Die Leute decken sich ein, weil sie vieles bald kaum noch bekommen“, sagt Inhaberin Karin Bornemeyer und blickt lange auf das Wäschestück, das vieles von dem verkörpert, was das traditionsreiche Geschäfts an der Schadowstraße auch an seinen letzten Tagen ausmacht. Bodenständig ist es. Qualität, aber kein Luxus, ein wenig aus der Zeit gefallen, aber auf die gute Art. So war auch Bornemeyer. Das Geschäft, in das die Düsseldorferinnen und Düsseldorfer gingen, wenn sie einen Schlafanzug „für gut“brauchten, einen BH mit ungewöhnlichen Maßen oder Strümpfe in allen Farben und Formen. Ende des Monats schließt das Geschäft nach 87 Jahren. Der Ausverkauf läuft gut, richtig gut sogar. „Das hätte in den letzten Jahren so sein müssen“, sagt Karin Bornemeyer.
Sie und ihr Mann Manfred führen das Fachgeschäft seit den 60er Jahren in zweiter Generation. Gründer August Bornemeyer fand eigentlich, eine Frau solle nicht arbeiten gehen. Als dann Personal fehlte, bot Karin Bornemeyer ihrem konservativen Schwiegervater an, auszuhelfen, „sechs Wochen sollte ich bleiben dürfen.“Daraus sind knapp fünf Jahrzehnte geworden. Manfred und Karin Bornemeyer haben zusam- men den Laden organisiert, die Bereiche immer strikt getrennt, „sonst kann es ganz schön anstrengend sein, wenn man sich die ganze Zeit auch bei der Arbeit sieht“. Das Sortiment blieb stets das gleiche: Damen- und Herrenwäsche, Mieder, Bademode, Kinderartikel, Strümpfe und Strickwaren auf 1600 Quadratmetern. Ändern wollten die Bornemeyers das nie, und der Erfolg gab ihnen Jahrzehnte lang Recht: Weil es hier vieles auch in ungewöhnlichen Größen gibt, reisen viele Stammkunden aus anderen Städten an, für einen Badeanzug in einer Übergröße oder ein spezielles Mieder.
„Vor allem ging es immer um die Beratung, die es so nur bei uns gab“, sagt Karin Bornemeyer. 40 Mitarbeiter waren in dem Fachgeschäft tätig, viele von ihnen ebenfalls über Jahrzehnte. Die ersten sind nun schon gegangen, 34 arbeiten noch hier, ihre Stimmung schwankt. Da ist einerseits die Angst vor der Zukunft: Verkäuferinnen, die seit Jahrzehnten Kundinnen zum perfekt sitzenden Wäschestück verhelfen, müssen nun wieder Bewerbungen schreiben, für ein paar Jahre noch mal was anderes machen. Andererseits ist da der Wille, alles gut über die Bühne zu bringen, nochmal Gas zu geben, sich gut von den Kunden zu verabschieden. „Alle ziehen mit, keiner hat uns hängen lassen“, sagt Karin Bornemeyer. Sie sorgt sich um die, die noch keine neue Stelle haben, in der Kantine hat sie einen Personalberater ein Schild aufstellen lassen: ein Schnupper-Angebot für ein Bewerbungstraining. „Ich möchte alles ordentlich machen, kein schlechtes Gewissen haben“, sagt sie. Sie selbst komme klar, „natürlich ist es traurig, aber es ist kein Weltuntergang“.
Die Bornemeyers hatten schon reichlich Zeit, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass es mit dem Familiengeschäft nicht mehr weitergeht. 2008 begannen die Bauarbeiten für die Wehrhahn-Linie an der Schadowstraße, bis 2015 sank der Umsatz um 20 Prozent. „Wir haben einen langen Atem, sind nicht in Finanzproblemen, aber es zieht sich immer mehr hin.“Inzwischen sind die Bahnen von der Straße verschwunden, aber die Arbeiten für