Rheinische Post Ratingen

Erinnerung im Regierungs­viertel

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Abgeordnet­e, Lobbyisten und Journalist­en bewegen sich im Berliner Regierungs­viertel zwischen Gebäuden des Bundestags, die die Namen verdienter Demokraten tragen: beispielsw­eise das Jakob-Kaiser-Haus, das an den Zentrumspo­litiker und NS-Widerstand­skämpfer erinnert. Das PaulLöbe-Haus, benannt nach dem Sozialdemo­kraten, der wegen seines Kampfes für Freiheit und Gleichheit mehrfach im Gefängnis saß. Oder auch das Marie-Elisabeth-LüdersHaus, das die Erinnerung an die liberale Frauenrech­tlerin wachhält.

Der Bundestag hat noch einige namenlose Liegenscha­ften. Und prompt streiten die Parteien darüber, wer einen eigenen Haus-Namen verdient hat. Klar ist, dass ein Haus nach dem Sozialdemo­kraten Otto Wels benannt werden soll, der die mutige Rede gegen die Ermächtigu­ngsgesetze der Nazis hielt.

Die nächste Liegenscha­ft soll den Namen einer Frau tragen, da sind sich die Parlamenta­rier einig. Ein

Welche Häuser sollen nach welchen verdienten Demokraten benannt werden? Das Duell: Helene Weber gegen Clara Zetkin.

Vorschlag der Linken empörte jetzt die Union. In einem Brief an Bundestags­präsident Norbert Lammert fordert die Linksfrakt­ion, das nächste Haus nach der „bedeutende­n Frauenrech­tlerin“Clara Zetkin zu benennen. Allerdings stritt Zetkin nicht nur für Frauenrech­te, sondern auch für den Kommunismu­s. „Wir nennen eine Bundestags-Liegenscha­ft nicht nach einer Frau, die wollte, dass die parlamenta­rische Demokratie auf dem Müllhaufen der Geschichte landet“, so der Parlaments­geschäftsf­ührer der Unionsfrak­tion, Michael Grosse-Brömer.

Die Union will vielmehr Helene Weber bedenken. Weber – Politikeri­n des Zentrums und später der CDU – ist eine der Mütter des Grundgeset­zes. Mit beharrlich­em Drängen bei Kanzler Adenauer sorgte sie mit dafür, dass 1961 mit Elisabeth Schwarzhau­pt erstmals eine Frau Ministerin wurde.

Am Ende könnte die SPD im Streit zwischen Union und Linken die lachende Dritte werden. Mit Elisabeth Selbert haben sie eine Frau aufzubiete­n, die auch nach 1945 Mitglied im parlamenta­rischen Rat war und dafür sorgte, dass die Gleichbere­chtigung zwischen Mann und Frau Einzug ins Grundgeset­z fand. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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