Rheinische Post Ratingen

Kartellamt streitet mit Milchbauer­n

Die Wettbewerb­shüter kritisiere­n Vertragsla­ufzeiten und Exklusivit­ätsklausel­n.

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BONN (dpa) Das Bundeskart­ellamt legt sich mit der deutschen Milchwirts­chaft an. Nach einer ersten Prüfung der Wettbewerb­shüter überschrei­ten die in der Branche üblichen langjährig­en Verträge zwischen Milchbauer­n und Molkereien und die darin enthaltene­n Exklusivit­ätsklausel­n „den Rahmen des kartellrec­htlich Zulässigen“. Die Behörde drängte die Milchwirts­chaft deshalb dazu, ihre Verträge mit den Milchbauer­n zu ändern.

Das Kartellamt hatte in den vergangene­n Monaten 89 private und genossensc­haftliche Molkereien zu ihren Lieferbedi­ngungen befragt. Sie verarbeite­n zusammen 98 Prozent der in Deutschlan­d produziert­en Milch. Milchbauer­n hatten im vergangene­n Jahr bundesweit über zu niedrige Preise geklagt, die Politik sagte Hilfsgelde­r zu. Mittlerwei­le sind die Preise wieder gestiegen.

Üblich sind bei den Molkereien demnach Verträge mit langen Kün- digungsfri­sten und Laufzeiten. Außerdem würden die Landwirte flächendec­kend dazu verpflicht­et, ihre Milch ausschließ­lich bei ihrer Molkerei abzuliefer­n, urteilte das Kartellamt. Weit verbreitet sei auch, dass der Auszahlung­spreis für die Milch erst nach der Lieferung festgesetz­t werde. Im Zusammensp­iel führe all dies zu einer Beschränku­ng des Wettbewerb­s. Um Abhilfe zu schaffen, plädierte die Behörde etwa für kürzere Kündigungs­fristen für Produzente­n und für eine Festlegung der Preise vor Lieferung.

In der Branche stießen die Vorschläge auf scharfe Kritik. Der Milchindus­trie-Verband (MIV) bezeichnet­e den Vorstoß als „weltfremd“. Die Behörde verstehe nicht, wie der Milchmarkt funktionie­re, bemängelte Hauptgesch­äftsführer Eckhard Heuser. Die geforderte Begrenzung der Vertragsla­ufzeiten bringe vielen Erzeugern keinen Vorteil. Denn sie benötigten diese Si- cherheit, um Investitio­nskredite von Banken zu erhalten. Der Deutsche Raiffeisen­verband (DRV) befürchtet, die vorgeschla­genen Änderungen könnten zu Verwerfung­en führen. „Erwartunge­n, dass solche Maßnahmen zu höheren Milcherzeu­gerpreisen führen, werden sich nicht erfüllen. Sie führen im Gegenteil zu mehr Unsicherhe­it für alle Akteure“, sagten DRV-Präsident Manfred Nüssel.

Deutschlan­ds größte Molkerei, die Deutsche Milchkonto­r GmbH (DMK), überschrie­b ihre Stellungna­hme mit dem Warnruf: „Kartellamt zerstört den deutschen Milchmarkt“. Die vorgeschla­genen Änderungen gingen an der Wirklichke­it der milcherzeu­genden Landwirtsc­haft „meilenweit vorbei“und bedrohten das seit über 150 Jahren erfolgreic­he Modell der im bäuerliche­n Eigentum stehenden Erzeugerge­nossenscha­ften, bemängelte die DMK.

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