HIV-Aufklärung in den Communities
Über die Hälfte der Anträge für Einzelfallhilfen an die Deutsche AIDS-Stiftung stammen inzwischen von Menschen, die nicht in Deutschland geboren wurden. Auch in Düsseldorf gibt es für diese Gruppe spezielle Angebote.
HIV und AIDS sind immer noch Tabu-Themen. Während unter Betroffenen hierzulande aber bekannt ist, dass es eine gute Therapie gibt, die das Leben entscheidend verlängert, gibt es unter Einwanderern dieses Wissen meist nicht oder entsprechende Beratungsangebote werden wegen kultureller Barrieren kaum angenommen. Die Scham und die Angst, aus der eigenen Community ausgeschlossen zu werden, sind zu groß. Darum gibt es bei der Aidshilfe Düsseldorf ein besonderes Projekt: Rufin Kenfack Sofack, ebenfalls nicht in Deutschland geboren, geht in Düsseldorf in die entsprechenden Communities von Menschen aus Subsahara-Afrika, um mit ihnen über HIV und AIDS zu sprechen.
„Das ist allerdings nicht so einfach, wie es klingt“, sagt Rufin Kenfack Sofack. Denn offen über Sex zu sprechen – das fällt in vielen Gemeinden immer noch schwer. „Und gerade in religiösen Gemeinden ist es sogar ein Tabu.“Kenfack Sofack ermutigt die Menschen, sich zu schützen, sich testen zu lassen, hilft, Diagnosen zu verarbeiten, und zeigt auf, welche Hilfen es von der Aidshilfe Düsseldorf und weiteren Gesundheitseinrichtungen gibt. „Einige Menschen verzichten aus diversen Gründen allerdings auf diese Hilfe. Zum Beispiel aus Angst vor Diskriminierungen oder dass es Einfluss auf ihren Aufenthaltstitel haben könnte, andere sogar aus Stolz.“
Dabei sind es gerade die Einzelfallhilfen, die das Gros der Stiftungshilfen der Deutschen AIDS-Stiftung in NRW ausmachen: 243.948 Euro wurden im Jahr 2016 vor allem für Hausrat und andere Anschaffungen bereitgestellt. „Das sind im einzelnen meist kleine Summen, die den Menschen aber das Leben stark erleichtern“, sagt Ul- rich Heide, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen AIDS-Stiftung. „Im Jahr 2016 waren zum ersten Mal über die Hälfte der Menschen, die sich mit Anträgen auf Einzelfallhilfe an uns gewandt haben, nicht in Deutschland geboren.“Dahinter würde sich aber eben keine homogene Gruppe verbergen, sondern Einwanderer aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt. „Gewisse Schwerpunkte sehen wir in Subsahara-Afrika und Osteuropa. Zuwanderung wegen des Zugangs zu Behandlung können wir nicht feststellen, da gibt es viele andere Gründe für Flucht und Migration.“
Die AIDS-Stiftung fördert seit mehr als zehn Jahren vor allem auch Projekte, die sich für die transkulturelle HIV-Arbeit, beispielsweise mit Menschen aus Subsahara-Afrika oder auch aus Osteuropa einsetzen. „Vom Verband der Privaten Krankenversicherung er- halten wir zudem jährlich einen hohen fünfstelligen Betrag, der zweckgebunden für die Arbeit mit Migranten und Geflüchteten gedacht ist“, sagt Ulrich Heide. „Einfach, weil dort Präventionsarbeit und Aufklärung viel Sinn machen.“
Der Zugang gelinge besser durch Menschen aus der Community: „Wir haben dreimal so viele Ratsuchende aus den entsprechenden Regionen, seit Rufin Kenfack Sofack in die Communities in Düsseldorf geht“, sagt Peter von der Forst, Leiter der Aidshilfe Düsseldorf. „Die Barrieren sind definitiv gesunken, das Vertrauen gestiegen.“Ein Viertel der Klienten der Aidshilfe stammt übrigens nicht aus Deutschland, der größte Teil von ihnen wiederum ist aus Subsahara-Afrika nach Düsseldorf gekommen. Zu Beginn habe man das Projekt nicht gut finanzieren können – mit Hilfe der AIDS Stiftung und der Erlöse der Operngala habe man aber zwei Jahre sichern können und nun im Anschluss sogar eine langfristige, sichere Förderung durch die Stadt Düsseldorf und das Land NRW erhalten.
Präventionsarbeit und Beratung sind die beiden Aufgaben, die Rufin Kenfack Sofack gemeinsam mit Klaus Bleymehl wahrnimmt. Unterstützt werden sie von sogenannten Multiplikatoren, die in Kulturvereinen, Gemeinden oder AfroShops aktiv sind und in der Community Ansehen genießen. „Sie werden von uns geschult, machen unser Angebot noch bekannter. Wir versuchen zusätzlich, über das Thema Gesundheit mit den Menschen auch über HIV und AIDS ins Gespräch zu kommen“, sagt Rufin Kenfack Sofack. Kulturell sei das Projekt eine große Herausforderung, sagt auch Klaus Bleymehl. „Die Menschen nehmen uns und auch das medizinische Wissen teilweise nicht ernst. Problematisch ist es auch, wenn jemand gar keine Papiere hat. Dann hat er im Grunde keinen Zugang zur medizinischen Versorgung. Das wäre aber wichtig, um die Weitergabe der Infektion zu verhindern.“