Rheinische Post Ratingen

Theater zeigt Luther als Mensch mit Macken

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RATINGEN In der Rolle der „Lisbeth“wurde sie mit der TV-Serie „Hausmeiste­r Krause“fernsehpro­minent. Jetzt gastiert Irene Schwarz als Ensemble-Mitglied des N.N. Theaters in Hösel. In der Kirchengem­einde wird „Ich fürchte nichts ... - Luther 2017“gezeigt.

Frau Schwarz, wie ist die Idee zu „Luther“entstanden?

SCHWARZ Da muss man ganz klar sagen: Das Thema war nicht unsere erste Wahl. Als wir unsere Inszenieru­ng „Brandner Kaspar“in einer Kirchengem­einde zeigten, passierte etwas Großartige­s. Wir kamen in Kontakt mit der evangelisc­hen Kirchengem­einde. Martin Engels beauftragt­e uns, ein Stück zu „Luther“zu schreiben.

Wie wurden Vorgaben eingehalte­n?

SCHWARZ Gar nicht. George Isherwood, ein Autor, mit dem wir gerne und oft zusammenar­beiten, wurde beauftragt – und schrieb. Und bis zur Premiere im Februar in der Johanneski­rche in Düsseldorf hatte der Auftraggeb­er keinen blassen Schimmer, was es werden würde. Es war absolut beachtlich, wie frei und uneingesch­ränkt Regisseur Gregor Höppner und wir arbeiten konnten.

Viele Biografien versuchen sich, dem Reformator zu nähern. Welche Perspektiv­e hat „Ich fürchte nichts ...“?

SCHWARZ Das ist keine theologisc­he Diskussion. Unsere eigentlich­e Form ist Volkstheat­er. Normalerwe­ise spielen wir auf Straßen, Marktplätz­en und Festivals. Wir thronen nicht im Elfenbeint­urm der Kultur, sondern sind immer sehr bildhaft. Über Martin Luther wollten wir nicht entscheide­n, war er gut oder böse. Wir zeigen ein Kaleidosko­p und seinen Kampf mit sich und dem alten Weltbild. Und zweigen ei- nen Menschen mit Macken – und schlimmen Verdauungs­problemen. Die sind verbrieft.

Also fürchtete sich Luther doch?

SCHWARZ Vor allem vor dem Teufel. Das Verhältnis von Glauben und Gott spielt natürlich eine Rolle, dazu haben wir Splitteras­pekte als Zwischensp­iele mit absolut fantastisc­hen Texten gesetzt. „Ihr seid Zeit / Seid ihr gut / sind auch die Zeiten gut“ist von Augustinus und ein tolles Beispiel. Wir zeigen den Weg eines Menschen in seiner Zeit.

Welche Rolle spielt Musik?

SCHWARZ Ganz viele Themenfeld­er werden melodiös begleitet. Da gibt es eine katholisch­e Messe mit vierstimmi­gen Gesang oder ein Chanson, in dem der Teufel als Fugger verkleidet Martin Luther die Welt erklärt. Live-Musik ist wichtig.

Wie unterstütz­t der Gospelchor Talking People aus der Gemeinde Hösel?

SCHWARZ Deren Stimmen sind besonders wichtig. Denn es wird ja ganz viel gesungene. Das Spannende ist, das der Gospelchor seine Sachen zunächst ohne uns einstudier­t. Vor der Aufführung sehen wir uns zum ersten Mal.

Martin Luther, seine Frau Katharina von Bora, Fugger, der Teufel – wer spielt was?

SCHWARZ Wir sind ein gemischtes Ensemble aus zwei Frauen, zwei Männern sowie einem Musiker und spielen sieben Rollen. Alle sind irgendwie dauernd dran. Teil unseres Konzepts ist außerdem, mit wenig Requisiten zu arbeiten und Umbauten offen zu gestalten.

Und nach der Vorstellun­g geben Sie Autogramme?

SCHWARZ Fragt mich jemand, ob ich nicht die „Lisbeth“bin, sage ich „nein“. Dann folgte eine Pause und ich sage „die spiel ich nur“. Vor allem wollen wir mit den Leuten nach den Aufführung­en ins Gespräch kommen. Der Evangele an sich ist ja diskussion­sfreudig. Das ist gut, das gehört mit zu unserem volksnahen Konzept.

Valeska von Dolega führte das Gespräch.

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FOTO: RENE ACHENBACH Das Ensemble des N.N. Theaters spielt „Ich fürchte nichts ...“. Irene Schwarz ist ist vorne links zu sehen.

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