Tilly zeichnet Postkarten gegen Rassismus
Mit der Aktion „Poesie statt Parolen“möchte ein Bündnis Toleranz und Zivilcourage in der Stadt stärken.
Im Jahr 1966 riefen die Vereinten Nationen den 21. März zum „Internationalen Tag gegen Rassismus“aus. Da geht es schon los. Sollte nicht jeder Tag im Jahr ein Tag gegen Rassismus sein? Das Gleichstellungsbüro der Stadt Düsseldorf jedenfalls hat das Datum gestern zum Anlass genommen, vier Postkarten gegen Rassismus vorzustellen. Gestaltet wurden die Motive von Jacques Tilly. Der Wagenbaumeister erschien wohl unerschrocken genug. Schließlich ist er einer, der vor keinem noch so heißen Eisen zurückschreckt. Im diesjährigen Rosenmontagszug zeigte Tilly den USPräsidenten Donald Trump beim Sex mit der Freiheitsstatue. Die Reaktionen waren zwiespältig: Begeisterung auf der einen; Wut, Ärger und Hass auf der anderen. Tilly kennt das.
Umso erstaunlicher, dass seine Postkartenmotive verglichen mit den oft extrem provokativen Wagen eher kreuzbrav daherkommen. Initiiert wurde die Aktion namens „Poesie statt Parolen“vom Büro für die Gleichstellung von Frauen und Männern zusammen mit dem Integrationsrat und Kriminalpräventiven Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf, der Polizei Düsseldorf und dem Aktionsbündnis Respekt und Mut/Düsseldorfer Appell. Am Anfang standen vier Zitate bekannter Persönlichkeiten: Matthias Claudius, Hannah Arendt, Laotse und Franca Magnani. Letztere, eine italienische Journalistin und Schriftstellerin, prägte den Ausspruch „Je mehr Bürger mit Zivilcourage ein Land hat, desto weniger Helden wird es einmal brauchen.“Die ursprüngliche Version wurde für die Postkarten in geschlechtergerechte Sprache „übersetzt“, mit Sternchen und „innen“. Das dazugehörige Tilly-Bild zeigt eine Gruppe von Schafen, die sich mutig einem Zähne fletschenden Wolf entgegenstellt. Ein, mit Verlaub, doch arg überstra- paziertes Bild! Tilly sagt, es habe ihm Spaß gemacht, einmal nicht mit Farbe und Leim zu arbeiten, sondern am Schreibtisch sitzen zu können. Die Verbindung zwischen Bild und Wort, so Tilly, sei unschlagbar.
Dirk Sauerborn von der Polizei Düsseldorf hat ein anderes Motiv zu seinem liebsten erklärt. „Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.“Geprägt hat den Spruch Laotse. Der chinesische Phi- losoph soll im 6. Jahrhundert vor Christus gelebt haben. Dennoch ist sein Zitat heute aktueller denn je, findet Sauerborn: „Es soll die Leute, die etwas sehen, ermutigen.“Dabei schließt er seinen eigenen Berufsstand durchaus mit ein. Die Polizei habe eine historische Verantwortung, schließlich sei sie zwischen 1933 und 1945 an der Verfolgung zahlreicher Menschen beteiligt gewesen. „Wir müssen nicht Flagge, sondern Karte zeigen“, lautet die Devise des Polizisten. Seit 2012 ist Sauerborn Kontaktbeamter und Ansprechpartner für Interkulturelle Angelegenheiten im Polizeipräsidium Düsseldorf. Er hält Kontakt zu muslimischen Gemeinden und Verbänden, er entwickelt Dialog- und Begegnungsformate, die Verständnis fördern und Ängste abbauen sollen. Eine ähnliche Baustelle beackert auch Volker Neupert. Der 55Jährige ist als Vertreter des Aktionsbündnisses Respekt und Mut/Düsseldorfer Appell gekommen. Neupert lässt Zahlen für sich sprechen: