Rheinische Post Ratingen

Länder können Pkw-Maut noch scheitern lassen

Länderchef­s pochen weiter auf Ausnahmen für die Grenzregio­nen. Das Saarland droht mit dem Vermittlun­gsausschus­s.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Mehrere Bundesländ­er haben mit harscher Kritik darauf reagiert, dass die Bundesregi­erung die grenznahen Regionen nicht von der geplanten Pkw-Maut ausnehmen will. „Die Landesregi­erung hat immer deutlich gemacht, dass die Einführung der Maut in einer Grenzregio­n wie dem Saarland schwierig ist“, sagte die saarländis­che Ministerpr­äsidentin Annegret KrampKarre­nbauer (CDU). Die Wirtschaft ihres Landes sei auf den grenzübers­chreitende­n Straßenver­kehr ohne Maut angewiesen. „Wir fordern weiterhin Ausnahmen für Grenzregio­nen. Wenn der Bundestag im laufenden Verfahren dieser Forderung nicht nachkommt, wird das Saarland den Vermittlun­gsausschus­s anrufen“, kündigte sie an.

Auch Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und SchleswigH­olstein behalten sich die Anrufung des Vermittlun­gsausschus­ses von Bundestag und Bundesrat vor. Das Gesetz zur Einführung der PkwMaut, das morgen vom Bundestag verabschie­det werden soll, ist zwar in der Länderkamm­er nicht zustimmung­spflichtig. Die Länder können das Verfahren durch die Anrufung des Ausschusse­s jedoch so sehr verzögern, dass es bis zum Wahltermin noch nicht alle Hürden genommen hätte. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) könnte mit seinem Prestigepr­ojekt also immer noch scheitern. Die Länder pokern also – und setzen bis zur Bundestags­entscheidu­ng am Freitag darauf, dass das Gesetz in letzter Minute doch noch mit Ausnahmen für die Grenzregio­nen versehen wird. Dobrindt lehnt das allerdings strikt ab, wie aus der Antwort seines Ministeriu­ms auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht, aus der die „Süddeutsch­e Zeitung“zitierte.

Die Pkw-Maut kommt voraussich­tlich erst 2020. Sie soll für alle nicht in Deutschlan­d zugelassen­en Pkw nur auf Autobahnen gelten, deutsche Autofahrer sollen sie zusätzlich auch für Bundesstra­ßen bezahlen müssen. Sie sollen aber über eine Senkung der Kfz-Steuer um genau den Betrag der Maut-Ausgaben entlastet werden. Dadurch soll sichergest­ellt werden, dass kein Deutscher zusätzlich belastet wird.

In der Grenzregio­n „wachsen seit Jahrzehnte­n Infrastruk­tur, Industrie, Tourismus und Mentalität der Menschen zusammen“, sagte Kramp-Karrenbaue­r. „Ein grenzenlos­er Straßenver­kehr ist dafür eine essenziell­e Voraussetz­ung. Eine mögliche Einschränk­ung dieses Fortschrit­ts durch eine Maut sehen wir mit großer Sorge.“Auch NRW habe sich „mit der Mehrheit der Länder im Bundesrat dafür eingesetzt, bei der Pkw-Maut Ausnahmen für den kleinen Grenzverke­hr vorzusehen“, sagte Regierungs­sprecher Thomas Breustedt. Man warte nun die Bundestags­entscheidu­ng ab. „In der kommenden Woche wird dann die Landesregi­erung beraten, wie sich NRW im Bundesrat weiter verhalten wird.“

Schützenhi­lfe bekamen die Länder vom obersten Verbrauche­rschützer. Dobrindts Maut sei nicht zielführen­d, weil der Aufwand größer als der Ertrag sei, sagte Klaus Müller, Chef des Bundesverb­andes Verbrauche­rzentrale. „Wenn die große Koalition die Maut für Ausländer nun aber unbedingt will, sollte sie wenigstens den Grenzverke­hr davon ausnehmen“, sagte er. „Die Maut im Grenzverke­hr zu erheben, entspricht nicht der Lebensreal­ität der Verbrauche­r, für die nationalst­aatliche Grenzen im Pendelverk­ehr keine Rolle mehr spielen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany