Rheinische Post Ratingen

Podolski verabschie­det sich mit Siegtor

Der 31-Jährige trifft in seinem 130. und letzten Länderspie­l zum schmeichel­haften 1:0-Erfolg gegen starke Engländer.

- VON ROBERT PETERS

DORTMUND Es begann wie bei der Oscarverle­ihung. Lukas Podolski bedankte sich bei den Fans, dem Funktionst­eam hinter dem Nationalte­am, bei seiner Familie, bei Köln, Dortmund und Deutschlan­d – etwa in dieser Reihenfolg­e. Und als er zum 130. und letzten Mal als Nationalsp­ieler die Hymne hörte, da schimmerte es in seinen Augen. Ein großer Moment. Das Freundscha­ftsspiel gegen England in Dortmund hatte von solchen Momenten nicht zu viele zu bieten. Der einzige, der da mithielt, war Podolskis viel umjubelter Gewaltschu­ss zum 1:0.

Vor allem die Deutschen hatten ein Team auf dem Rasen, das nur sehr entfernte Ähnlichkei­t mit einer A-Mannschaft hat. Podolski selbst hatte in den zurücklieg­enden Jahren nur wenige Einsatzmin­uten gehabt. Und er führte als Kapitän reichlich Nachwuchs auf dem Platz. Timo Werner von RB Leipzig gab sein Debüt, auf den Flügeln durften sich Leroy Sané und Julian Brandt versuchen. Neben Toni Kroos im zentralen Mittelfeld spielte Julian Weigl, und in der Innenverte­idigung gab Antonio Rüdiger den Nebenmann von Mats Hummels.

Es war nicht verwunderl­ich, dass da relativ wenig Bindung zwischen den einzelnen Mannschaft­steilen zu erkennen war. Die Engländer kamen besser ins Spiel, und die Deutschen verhalfen ihnen durch ein paar ungewöhnli­che Ballverlus­te zu zwei großen Chancen vor der Pause. Joshua Kimmich gab das Spielgerät an der Mittellini­e preis, während die Kollegen auf dem Weg nach vorn waren. Adam Lallana ging dankbar auf und davon, sein Schuss landete am Pfosten. Eine weitere unkonzentr­ierte Aktion im Aufbau brachte Bamidele Alli frei vor dem deutschen Tor in Abschlussp­osition. Aber er scheiterte an einer sehenswert­en Parade von Torwart MarcAndré ter Stegen.

Auf der anderen Seite gab es keine druckvolle­n Angriffsak­tionen, die Abstände zwischen Mittelfeld und Angriff waren zu groß, und in den Zweikämpfe­n mit den großen Jungs in der englischen Abwehr zahlten die jugendlich­en Kräfte der DFBAuswahl Lehrgeld. Sie prallten nicht selten von ihren Gegenspiel­ern regelrecht ab. Das Spiel nach vorn litt darunter, dass die Deutschen lange kein taugliches Rezept gegen die zeitig angreifend­e englische Offensivre­ihe fanden. Die vielgerühm­te Spieleröff­nung bestand deshalb oft aus den sogenannte­n langen Bällen, die bei Löw eigentlich auf dem In- dex stehen. Darauf wird er in der Halbzeitpa­use hingewiese­n haben.

Sein Team bemühte sich nun zumindest darum, mit konstrukti­ven Kombinatio­nen aus der Abwehr zu kommen. Kroos brachte als ordnende Kraft deutlich mehr Klarheit in die Aktionen. Prompt geriet auch mal das englische Tor in Gefahr – bei einem 20-m-Schuss von Brandt oder nach einem Heber von Kroos, den Podolski im Strafraum knapp verfehlte. Anderersei­ts verpasste Eric Dier gegen ter Stegen eine Chance der ersten Kategorie, nach- dem Brandt den Ball verschlamp­t hatte.

Der zweite Durchgang bot auf jeden Fall bessere Unterhaltu­ng als der erste, in dem sich das Publikum mit der berühmten Welle und ein paar Sprechchör­en selbst unterhalte­n musste. Dass es munterer wurde, lag auch an den Engländern, die Löws Team mit ihrem Tempo ähnliche Probleme bereiteten wie vor einem Jahr beim Testspiel in Berlin, das sie mit 3:2 gewannen. Sie unterstric­hen auf ihre Art Löws Einschätzu­ng, dass mit ihnen trotz der schwachen EM bei der WM 2018 in Russland gerechnet werden sollte.

Sie hatten sicher nicht vor, dem Jubilar des Abends zu einem ganz großen Abgang zu verhelfen. Ein wenig ratlos schaute daher die gesamte Defensivab­teilung der Gäste aus der Wäsche, als Podolski den linken Hammer auspackte, der ihn berühmt gemacht hatte. Torwart Joe Hart konnte nur staunen, als der Ball zum 1:0 in den Torgiebel flog. Um 22.32Uhr und nach 84 Minuten endete Podolskis Länderspie­l-Karriere.

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FOTO: REUTERS Wie habe ich das gemacht? Lukas Podolski nach seinem Treffer zu 1:0. Erster Gratulant: der zehn Jahre jüngere Leroy Sané.

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