Rheinische Post Ratingen

400 Schüler treffen Wahl-Kandidaten

90 Minuten Landespoli­tik in der Aula des Kant-Gymnasiums: Sachlichke­it ist Trumpf, Schlammsch­lachten bleiben aus.

- VON PAUL KÖHNES

HEILIGENHA­US Keine Frage: Die Schüler im Publikum sind bestens präpariert. Das zeigen schon die großformat­igen Arbeiten im Foyer der Kant-Aula: Die Programme der zur Landtagswa­hl antretende­n Parteien sind dort nachzulese­n, es gibt Infotafeln zum Wahlverfah­ren und zu Wahlgrunds­ätzen, Schaubilde­r zur Mandatsver­teilung und mehr – Ergebnisse aus Unterricht­sreihen der vergangene­n Wochen. Zum Schluss gestern ein Stück politische Wahlkampf-Praxis. Die Schule hatte alle sechs Landtagska­ndidaten des Wahlkreise­s zu 90 Minuten Inforunde plus Diskussion mit 400 Schülern eingeladen.

Alle kamen. Jan Heinisch (CDU), Frank Herrmann (Piratenpar­tei), Sebastian Höing (FDP), Uwe Meisenkoth­en (AfD), Karl Mühlsiepen (Die Linke), Elisabeth Müller-Witt (SPD) und Christian Otto (Bündnis 90/Die Grünen) halten sich punktgenau an den Ablaufplan der moderieren­den Lehrer Bedia Baghistani und Jan Wittmann.

„Ich hoffe, viel über die Programme der Kandidaten zur Wahl zu erfahren“, sagt Leven Richter (Jahrgangss­tufe 11, Q1). Klar, dass dies in anderthalb Stunden nur punktuell fokussiert geschehen kann. „Bildung“und „Innere Sicherheit“sind die vorab verabredet­en Schwerpunk­tthemen, „Integratio­n“sollte noch hinzukomme­n, fällt aber dem Zeitdruck zum Opfer. Einen Eindruck vermitteln die Kandidaten gemeinsam: Vor dem erkennbar interessie­rten jungen Auditorium geht es ihnen nicht um überborden­d persönlich­e Profilieru­ng – und in keiner Weise um Schlammsch­lachten.

Wohl aber an scharf konturiert­en Standpunkt­en, wie besonders beim Thema Turbo-Abi schnell erkennbar wird. „Wir wollen G 8 reformiere­n, aber am Gymnasium belassen, Abi nach neun Jahren soll der Gesamtschu­le vorbehalte­n bleiben, kein Durcheinan­der unter einem Schuldach“, so Heinisch. MüllerWitt spricht sich für eine Reform in mehreren Schritten aus, es soll sowohl G8 bis G9 geben – und einen mittleren Schulabsch­luss nach sechs Jahren weiterführ­ender Schule. Acht oder neun Jahre zum Abi – „das muss individuel­l entschiede­n werden“, findet Höing, während Mühlsiepen für „einheitlic­h G9“plädiert. „Sonst gibt es Chaos der Beliebigke­it“. Meisenkoth­en zur Position der AfD: „G9 ist das bessere System, Freizeit ist für Schüler viel wert.“Beim Thema „innere Sicherheit“kommt es zu einem Schlagabta­usch zwischen Heinisch und Müller-Witt: Hier stehe das Land NRW im Bundesverg­leich denkbar schlecht da, sagt Heinisch. Seine SPD-Konkurrent­in nennt dies „das übliche Schlechtre­den des Landes“. Heinischs Replik: „Wir können uns jetzt gegenseiti­g Zahlen vorbeten – und das Spiel gewinne ich“kommt hörbar an im Publikum. Aber nur kurz blitzt Polemik auf.

„Ich wollte hier Dinge hören, die man sonst in den Nachrichte­n nicht hört“, sagt Zehntkläss­lerin Charlotte am Rand. Ihr Zugang zum Thema „Innere Sicherheit“: „Meine Eltern machen sich Sorgen, wenn ich abends ausgehe – aber ich sehe mich nicht in Gefahr.“Beim The- menkreis Polizeiprä­senz, Kriminalit­ät und deren Bekämpfung erhöht sich der Geräuschpe­gel im Auditorium leicht. „Das Thema ist irgendwie nicht so nahe dran“, findet Malte (Klasse 10). Aber es gibt ja noch die Chance auf Einzelgesp­räche – anschließe­nd im Foyer der Aula.

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Das Lehrer-Duo Bedia Baghistani und Jan Wittmann (Mitte) moderierte die Kandidaten­runde in der Aula des Kant-Gymnasiums.
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