Rheinische Post Ratingen

SPD erwägt neue Reichenste­uer

Die Sozialdemo­kraten wollen das Steuerkonz­ept in den Mittelpunk­t ihres Wahlprogra­mms stellen. Die entspreche­nde Arbeitsgru­ppe gibt sich verschwieg­en – und doch zeichnen sich bereits Details ab.

- VON J. DREBES, M. KESSLER, B. MARSCHALL UND E. QUADBECK

BERLIN/DÜSSELDORF Die SPD erwägt bei ihren Beratungen über ein Steuerpake­t auch eine Veränderun­g der Reichenste­uer. „Wir denken darüber nach, ob die Reichenste­uer ab einem Einkommen von 250.000 Euro für Ledige und 500.000 Euro für Verheirate­te so bleibt oder in den progressiv­en Einkommens­teuertarif eingearbei­tet wird“, sagte der Vorsitzend­e der SPD-Bundestags­fraktion, Thomas Oppermann, unserer Redaktion. Dies sei nötig, um zum einen die „Lasten für die unteren und mittleren Einkommen zu vermindern“und zugleich finanziell­en Spielraum für Bildung und eine moderne Infrastruk­tur zu schaffen. „Wir können nur das verteilen, was vorher erwirtscha­ftet worden ist“, sagte Oppermann.

Das SPD-Steuerprog­ramm für die Bundestags­wahl ist noch nicht geschriebe­n. Für Oppermann ist jedoch klar, dass der Spitzenste­uer- satz der Progressio­nszone von 42 Prozent zu früh greift. Er liegt derzeit bei 54.058 Euro bei Ledigen. Die Reichenste­uer von 45 Prozent greift da erst deutlich später. Die fünfköpfig­e Arbeitsgru­ppe um SPDVize Thorsten Schäfer-Gümbel und NRW-Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans, die das Steuerkonz­ept entwerfen soll, ist verschwieg­en. Nichts soll vor der offizielle­n Präsentati­on nach außen dringen. Die groben Leitlinien jedoch sind bereits erkennbar.

Wie Parteichef und Kanzlerkan­didat Martin Schulz bekannt gab, solle es eine gerechtere Verteilung der Abgabenlas­t geben. „Wir arbeiten an einem umfassende­n Steuerkonz­ept, das Familien und kleine und mittlere Einkommen entlastet und Riesen-Vermögen stärker in die Pflicht nimmt“, sagte nun SchäferGüm­bel unserer Redaktion. Geringere Sozialabga­ben seien eine gute Möglichkei­t, um Geringverd­iener gezielt zu entlasten. „Das prüfen wir“, sagte Schäfer-Gümbel, erteilte aber generellen Freibeträg­en eine Absage. „Mit der Gießkanne wird es nichts geben, es geht gezielt um Familien“, sagte er.

Neben noch offenen Plänen für eine andere Abgeltungs­steuer, den Kampf gegen Steuerschl­upflöcher oder eine Reform der Grundsteue­r betrifft ein anderes wesentlich­es Vorhaben der SPD die Erbschafts­teuer. „Der von CDU und CSU bis zur Unkenntlic­hkeit aufgeweich­te Erbschafts­teuerkompr­omiss ist nicht zufriedens­tellend“, sagte Schäfer-Gümbel und fügte hinzu: „Wir brauchen eine echte Erbschafts­teuerrefor­m, es geht um größte Vermögen.“

Wie genau die aussehen soll, wird derzeit diskutiert. In der Partei kursieren Eckwerte, wonach ein großzügige­r Freibetrag von einer Million Euro alle Erstimmobi­lien von einer Besteuerun­g ausschließ­en könnte. Für weitere Erbschafte­n wäre dann unabhängig vom Verwandtsc­haftsgrad ein einheitlic­her Steuersatz denkbar, etwa zehn oder 20 Prozent. Das wird auch von vielen Steuerfach­leuten vorgeschla­gen. Insider halten das jedoch für unwahrsche­inlich, schließlic­h wurde ein ähnliches Modell bereits vor den Koalitions­gesprächen zur Erbschafts­teuerrefor­m innerhalb der SPD verworfen. Politik Seite A4

Steueraufk­ommen in Deutschlan­d

Newspapers in German

Newspapers from Germany