Rheinische Post Ratingen

Piratin nennt Innenminis­ter Ralf Jäger „Problembär“

Die Debatte im Landtag über Innere Sicherheit und den Fall Anis Amri unterläuft jedes Niveau.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Es dauerte nicht lange, da steht der Innenminis­ter wieder im Mittelpunk­t der Debatte. Ralf Jäger habe im Fall des Weihnachts­marktatten­täters Anis Amri von Anfang an jegliche Fehler in seinem Ressort geleugnet. Es habe nicht einmal den Versuch der Behörden in NordrheinW­estfalen gegeben, den Terroriste­n festzusetz­en, warf FDP-Fraktionsv­ize Joachim Stamp dem SPD-Politiker gestern im Landtag vor. Jäger müsse entlassen werden, erneuerte der Opposition­spolitiker frühere Forderunge­n.

Kein anderer Minister im Kabinett Hannelore Kraft stand in den zurücklieg­enden Jahren so in der Kritik wie Ralf Jäger. Anlässe, seinen Rücktritt zu fordern, gab es genug: die Kölner Silvestern­acht 2015 und seine späte Reaktion, zuvor schon die miserable Unterbring­ung und Misshandlu­ng von Flüchtling­en in der Unterkunft Burbach, die Loveparade-Katastroph­e, die Hooligan-Demo in Köln, die Auseinande­rsetzung um NoGo-Areas oder die latente Gefahr durch Salafisten. Wochenlang überlagert­e die Innere Sicherheit so gut wie jedes andere Landesthem­a. Und meist endeten die Debatten mit der Erkenntnis, dass nicht genug Polizisten vor Ort waren.

Doch in der von der CDU beantragte­n „Aktuellen Stunde“zum Fall Anis Amri an diesem Mittwoch bleibt es nicht bei bloßen Rücktritts­forderunge­n. Es ist die letzte Plenarwoch­e vor der Landtagswa­hl, die letzte Gelegenhei­t, die Landesregi­erung im Plenum vorzuführe­n.

Und sei es auch noch so polemisch: „In Ihrem Kabinetts-Märchenwal­d hier ist der gute Jäger schon lange zum Problembär geworden. Und was man mit Problembär­en machen kann, da fragen Sie am besten mal in Bayern nach“, sagte die Piraten-Obfrau im Amri-Ausschuss, Simone Brand, in Richtungde­r Ministerpr­äsidentin. Die Bemerkung löste Empörung aus. „Sie haben dazu aufgerufen, den Innenminis­ter zum Abschuss freizugebe­n“, wetterte SPD-Obmann Thomas Stotko.

Unter „Problembär“wurde ein Braunbär namens Bruno in Bayern bundesweit bekannt. Die dortige Landesregi­erung hatte ihn zum Abschuss freigegebe­n, als er zu nah an Siedlungen he- rankam. Auch Landtagspr­äsidentin Carina Gödecke kritisiert­e Brand für ihre Äußerung und kündigte die Prüfung einer formalen Rüge an. Da half der Piraten-Politikeri­n auch nicht mehr, dass sie kurz darauf dementiert­e, zum Mord aufgerufen zu haben und „Problembär“im Sinne von „Risikobär“verstanden wissen wollte.

Für einen harten Einstieg in die Debatte hatte zuvor CDU-Opposition­sführer Armin Laschet gesorgt. Er hielt der Landesregi­erung vor, nach dem Motto „verharmlos­en, verbergen, vertuschen“zu handeln. Dass der von der Regierung beauftragt­e externe Gutachter einen Ruf an eine NRW-Uni erhalten habe, hätte die rot-grüne Landesregi­erung Laschet zufolge nicht verschweig­en dürfen. SPD-Fraktionsc­hef Norbert Römer wiederum warf seinem CDU-Kontrahent­en „aggressive Rücksichts­losigkeit“und „Irrational­ität“vor. Laschet leide unter Panik, analysiert­e Römer auf Basis des Internet-Lexikons „Wikipedia“. Nur SPD und Grüne hätten versucht, Aufklärung­sarbeit in Sachen Amri zu leisten. Was FDP-Mann Stamp so sehr provoziert­e, dass er Römer seinerseit­s „unglaublic­he Anmaßung“und „Arroganz“vorwarf.

bis zur Wahl

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FOTO: DPA NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) sieht sich beinahe täglich Rücktritts­forderunge­n gegenüber.
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