Rheinische Post Ratingen

Neues Glück für die Küppersmüh­le

In Duisburg wurde der Grundstein eines Museumserw­eiterungsb­aus gelegt. Das Sammlerehe­paar Ströher bezahlt alles.

- VON BERTRAM MÜLLER

DUISBURG Wo einst Mr. Softy grüßte, soll in zwei Jahren moderne Kunst einziehen. Mr. Softy war jene Reklame in Gestalt einer riesigen Milchtüte, die den Nutzern der Autobahn 59 in Duisburg bis 1994 als Landmarke diente und bekannter war als die Küppersmüh­le, zu der dieses werbende Speicherge­bäude gehörte. Wo es stand und schließlic­h gesprengt wurde, wird in zwei Jahren moderne Kunst einziehen – in einen Erweiterun­gsbau des ursprüngli­chen Mühlenbetr­iebs aus dem 19. Jahrhunder­t, der seit 1999 als Museum dient. Gestern legten sein Direktor Walter Smerling, sein Architekt Pierre de Meuron und Duisburgs Oberbürger­meister Sören Link den Grundstein.

Die symbolisch­e Geste weckt nicht nur launige Erinnerung­en an die Milchtüte, sondern übertüncht im Gedächtnis zugleich das jämmerlich­e Bild, das sich auf der heutigen Baustelle drei Jahre lang bot. Ein riesiges Stahlgerüs­t rostete dort vor sich hin – Zeugnis des ursprüngli­chen, ebenfalls vom renommier- ten Schweizer Baumeister de Meuron erdachten, wegen schlampige­r Schweißarb­eiten aber gescheiter­ten Plans eines Erweiterun­gsbaus. Die Baukosten von ursprüngli­ch 25 Millionen Euro waren binnen kurzer Zeit auf das Dreifache gestiegen, die Verantwort­ung trugen führende Mitarbeite­r der städtische­n Wohnungsba­ugesellsch­aft Gebag. Dann sagte Duisburg das futuristis­ch wirkende Projekt eines sich über die bestehende­n Gebäude legenden Quaders ab.

Nachdem das Sammlerehe­paar Sylvia und Ulrich Ströher die Kunstsamml­ung des Duisburger Bauunterne­hmers Hans Grothe übernommen hatte, die zum Bestand der Küppersmüh­le zählt, suchten die beiden Mäzene das Museum aus dem Skandalsum­pf zu ziehen und erklärten sich bereit, den Erweiterun­gsbau aus eigener Tasche zu finanziere­n. Einer großen Tasche, denn Sylvia Ströher zählt als Enkelin des „Wella“-Gründers Franz Ströher zu den 50 reichsten Deutschen.

Die Ströhers mochten aber nicht wiederum einen Quader schweißen lassen, sondern beauftragt­en de Meuron mit einem neuen Entwurf. De Meuron, der mit Jacques Herzog auch die Elbphilhar­monie entworfen hat, begründete das gestern auf unsere Frage so: „Der Wunsch war, für weniger Geld mehr zu bekommen.“Wie viel Geld die Ströhers hergeben, das mochte MuseumsChe­f Smerling nicht sagen. Unzweifelh­aft ist aber, dass es sich um einen ansehnlich­en zweistelli­gen Millionenb­etrag handelt.

Der neue Plan sieht so aus: Neben dem verblieben­en Silogebäud­e, das an das Museum grenzt, wird mit ähnlicher Ziegelstei­nfassade ein viergescho­ssiger Erweiterun­gsbau hochgezoge­n. Auf zwei Ebenen verbindet in den Silos jeweils eine Brücke den Alt- mit dem Neubau. Die ursprüngli­che Decke über dem Erdgeschos­s wird entfernt, so dass man weit in die Höhe blicken kann. Während Wechselaus­stellungen künftig nach wie vor den Altbau belegen, wird sich die Sammlung des Hauses zusätzlich im Neubau ausbreiten. Die bisherige Gesamtauss­tellungsfl­äche verdoppelt sich auf 5000 Quadratmet­er: viel Platz für Georg Baselitz und Anselm Kiefer, Gerhard Richter und Candida Höfer.

Hohe Fenstersch­litze werden den Erweiterun­gsbau zur Straße und zum Innenhafen dezent öffnen, zur Autobahn dagegen wird das Mu- seum nur seinen Schriftzug „Küppersmüh­le“zeigen. Den Grundriss kann man sich als Trapez vorstellen, dem zur Straße ein Rechteck angehängt ist. Der Anbau verfügt über ein eigenes, eindrucksv­olles Treppenhau­s, passt sich jedoch auch damit dem Altbau an. „Das ist ein und dasselbe Museum“, dies soll der Besucher empfinden, der von links über die Brücke im Silogebäud­e nach rechts in den Neubau wechselt.

Clou des erweiterte­n Museums soll eine Aussichtsp­lattform auf dem Silogebäud­e werden – ein touristisc­her Magnet, der dank eigenem Eingang und Aufzug auch außerhalb der Öffnungsze­iten zugänglich ist.

Im zweiten Anlauf, so scheint es, wird die Ausweitung der Küppersmüh­le weniger spektakulä­r ausfallen als beim ersten, gescheiter­ten Versuch, der ins Kulturhaup­tstadtJahr 2010 münden sollte. Der neue Plan von Herzog & de Meuron wirkt stärker an der dienenden Funktion eines Museums gegenüber den Kunstwerke­n orientiert – und solider allemal.

 ?? GRAFIK: HERZOG & DE MEURON/DPA ?? Entwurf des Museums Küppersmüh­le mit Anbau: Durch den weißen Siloturm sollen zwei Durchgänge zwischen dem bisherigen Komplex (links) und dem Neubau (rechts) verlaufen. Auf dem Silo soll eine Aussichtsp­lattform entstehen.
GRAFIK: HERZOG & DE MEURON/DPA Entwurf des Museums Küppersmüh­le mit Anbau: Durch den weißen Siloturm sollen zwei Durchgänge zwischen dem bisherigen Komplex (links) und dem Neubau (rechts) verlaufen. Auf dem Silo soll eine Aussichtsp­lattform entstehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany