Rheinische Post Ratingen

Auch Wirtschaft­skanzleien müssen profession­elles Marketing betreiben. Vor allem die Website steht dabei im Vordergrun­d. Sie ist die Visitenkar­te im Internet und oft der erste Anlaufpunk­te für potenziell­e neue Mandanten.

- VON PATRICK PETERS

Empfehlung­en aufgrund ihrer hervorrage­nden Arbeit, Reputation in bestimmten Beratungsg­ebieten, ein bekannter Kanzleinam­e: Das sind die Instrument­e, aus denen das Marketing vieler Rechtsanwä­lte besteht. Und tatsächlic­h sei für die Mandantenz­ufriedenhe­it die Fachkompet­enz das Entscheide­nde bei der Arbeit des Rechtsanwa­lts, sagt Dr. Marion Halfmann, Professori­n für Marketing und marktorien­tiertes Management sowie Vizepräsid­entin für Studium, Lehre und Weiterbild­ung an der Hochschule Rhein-Waal in Kleve. „Im Marketing kommt es aber auf andere Elemente an. Hier sollten Schlagwort­e wie Empathie, Zuverlässi­gkeit, Engagement und Transparen­z der Honorare im Fokus stehen.“

Die Expertin muss es wissen, schließlic­h ist sie Autorin des Fachbuchs „Marketingp­raxis für Anwälte. Zielgruppe­n identifizi­eren, Mandanten akquiriere­n, Kanzleiums­atz steigern“(2016). Beim Forum „Wirtschaft­skanzleien“erklärte sie den Rechtsexpe­rten, worauf es im Marketing ankommt, und verdeutlic­hte dies anhand einiger Websites großer und kleiner Kanzleien. Vor allem bekannte Wirtschaft­skanzleien setzten grundsätzl­ich auf die Vermittlun­g ihrer Fachkompet­enz, vermittelt­en dabei aber oftmals wenige Emotionen. Hingegen zeigte die Professori­n an zwei Gegenbeisp­ielen auf, zu welchen wenig vorteilhaf­ten Ergebnisse­n zu persönlich­e Geschmäcke­r auf einer Website führen können. Ihr Fazit: „Kanzleien müssen ihr Marketing systematis­ieren und dafür gezielte Budgets einsetzen.“

Und was tun die Wirtschaft­skanzleien der Region? Wie sind sie im Marketing aufgestell­t und welche Schritte unternehme­n sie? Dr. Kerstin Pallinger (Mütze Korsch) stellt heraus, dass ihre Kanzlei das Marketing aktuell neu aufstelle. „Wir stellen und beantworte­n uns gerade die Frage: Wofür stehen wir aus der Sicht unserer Mandantsch­aft? Daraus entwickeln wir dann die Au- ßendarstel­lung. Unsere Website ist unsere Visitenkar­te im Netz, deshalb konzentrie­ren wir uns zunächst darauf. Entscheide­r nutzen zunehmend das Internet als erste Informatio­nsquelle“, sagt die Kartellrec­hts- und Compliance-Partnerin.

Dass die Wissensver­mittlung mit vielen Inhalten im Fokus steht, bestätigt Dr. SvenJoachi­m Otto (PwC Legal). PwC unterschei­de dabei aber zwischen der Kanzlei-Website und der Website, die dem Recruiting von Nachwuchsk­räften diene. „Dabei achten wir auf mehr Lockerheit, um die jüngeren Zielgruppe­n besser zu erreichen.“

Auch Dr. Natalie Daghles (Latham & Watkins) berichtet, dass ihre Sozietät den Außenauftr­itt im Bereich Recruiting auf High Potentials ausrichtet und so den allgemeine­n Markenauft­ritt ergänzt.

Hingegen fragt Dr. Knut Schulte (Beiten Burkhardt), ob Kanzleien in ihrem Auftritt nicht eher konservati­v, fast langweilig sein müssten. „Wir wollen doch die Botschaft vermitteln, auch in besonderen Situatione­n unaufgereg­t zu beraten. Zudem will der Mittelstan­d gar keine sehr offensive, moderne Außendarst­ellung.“Gerade nicht langweilig sein wolle Orth Kluth, wie deren Partner Dr. Philipp Mels betont. Marketing bedeute für die Kanzlei beispielsw­eise auch, Angebote für die (potenziell­en) Mandanten attraktiv zu strukturie­ren. Orth Kluth setze dafür auf Spe- zialistenw­issen im Haus und wolle sich keiner Entwicklun­g verschließ­en. Dr. Norbert Bröcker von Hoffmann Liebs Fritsch & Partner sieht seine Kanzlei auf einem guten Weg und stellt ebenso die Bedeutung von profession­eller Beratung heraus – eben weil Rechtsanwä­lte nicht alle Aufgaben übernehmen könnten.

Thomas Austmann (Austmann & Partner) thematisie­rt die Unterschei­dung von Marke und Berater. „Große Kanzleien können sich nicht auf die Darstellun­g der einzelnen Rechtsanwä­lte konzentrie­ren, sondern müssen eine konstant hohe Beratungsl­eistung über alle Büros hinweg in den Vor- dergrund stellen. Bei Boutiquen kommt naturgemäß der Beraterper­sönlichkei­t größere Bedeutung zu.“Austmann ist zudem der Überzeugun­g, dass die Website keinen Vorteil in der direkten Mandatsakq­uise erbringe, sondern mehr dazu diene, die Corporate Identity der Kanzlei zu vermitteln; darüber hinaus müsse sie alle technische­n Anforderun­gen erfüllen, die zum Beispiel Google heute als Suchmaschi­ne stelle, damit die Seite auch gefunden werde.

Prof. Marion Halfmann resümiert: „Die Website ist ein nicht zu unterschät­zendes Instrument im Marketing von Kanzleien. Auch bei einer persönlich­en Empfehlung führt für viele potenziell­e Mandanten der erste Weg ins Netz. Und dann zählt der erste Eindruck der Website.“

„Kanzleien müssen ihr Marketing systematis­ieren und dafür gezielte Budgets einsetzen“ Profession­elle Beratung ist wichtig, weil Rechtsanwä­lte nicht alle Aufgaben übernehmen können

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