Auch Wirtschaftskanzleien müssen professionelles Marketing betreiben. Vor allem die Website steht dabei im Vordergrund. Sie ist die Visitenkarte im Internet und oft der erste Anlaufpunkte für potenzielle neue Mandanten.
Empfehlungen aufgrund ihrer hervorragenden Arbeit, Reputation in bestimmten Beratungsgebieten, ein bekannter Kanzleiname: Das sind die Instrumente, aus denen das Marketing vieler Rechtsanwälte besteht. Und tatsächlich sei für die Mandantenzufriedenheit die Fachkompetenz das Entscheidende bei der Arbeit des Rechtsanwalts, sagt Dr. Marion Halfmann, Professorin für Marketing und marktorientiertes Management sowie Vizepräsidentin für Studium, Lehre und Weiterbildung an der Hochschule Rhein-Waal in Kleve. „Im Marketing kommt es aber auf andere Elemente an. Hier sollten Schlagworte wie Empathie, Zuverlässigkeit, Engagement und Transparenz der Honorare im Fokus stehen.“
Die Expertin muss es wissen, schließlich ist sie Autorin des Fachbuchs „Marketingpraxis für Anwälte. Zielgruppen identifizieren, Mandanten akquirieren, Kanzleiumsatz steigern“(2016). Beim Forum „Wirtschaftskanzleien“erklärte sie den Rechtsexperten, worauf es im Marketing ankommt, und verdeutlichte dies anhand einiger Websites großer und kleiner Kanzleien. Vor allem bekannte Wirtschaftskanzleien setzten grundsätzlich auf die Vermittlung ihrer Fachkompetenz, vermittelten dabei aber oftmals wenige Emotionen. Hingegen zeigte die Professorin an zwei Gegenbeispielen auf, zu welchen wenig vorteilhaften Ergebnissen zu persönliche Geschmäcker auf einer Website führen können. Ihr Fazit: „Kanzleien müssen ihr Marketing systematisieren und dafür gezielte Budgets einsetzen.“
Und was tun die Wirtschaftskanzleien der Region? Wie sind sie im Marketing aufgestellt und welche Schritte unternehmen sie? Dr. Kerstin Pallinger (Mütze Korsch) stellt heraus, dass ihre Kanzlei das Marketing aktuell neu aufstelle. „Wir stellen und beantworten uns gerade die Frage: Wofür stehen wir aus der Sicht unserer Mandantschaft? Daraus entwickeln wir dann die Au- ßendarstellung. Unsere Website ist unsere Visitenkarte im Netz, deshalb konzentrieren wir uns zunächst darauf. Entscheider nutzen zunehmend das Internet als erste Informationsquelle“, sagt die Kartellrechts- und Compliance-Partnerin.
Dass die Wissensvermittlung mit vielen Inhalten im Fokus steht, bestätigt Dr. SvenJoachim Otto (PwC Legal). PwC unterscheide dabei aber zwischen der Kanzlei-Website und der Website, die dem Recruiting von Nachwuchskräften diene. „Dabei achten wir auf mehr Lockerheit, um die jüngeren Zielgruppen besser zu erreichen.“
Auch Dr. Natalie Daghles (Latham & Watkins) berichtet, dass ihre Sozietät den Außenauftritt im Bereich Recruiting auf High Potentials ausrichtet und so den allgemeinen Markenauftritt ergänzt.
Hingegen fragt Dr. Knut Schulte (Beiten Burkhardt), ob Kanzleien in ihrem Auftritt nicht eher konservativ, fast langweilig sein müssten. „Wir wollen doch die Botschaft vermitteln, auch in besonderen Situationen unaufgeregt zu beraten. Zudem will der Mittelstand gar keine sehr offensive, moderne Außendarstellung.“Gerade nicht langweilig sein wolle Orth Kluth, wie deren Partner Dr. Philipp Mels betont. Marketing bedeute für die Kanzlei beispielsweise auch, Angebote für die (potenziellen) Mandanten attraktiv zu strukturieren. Orth Kluth setze dafür auf Spe- zialistenwissen im Haus und wolle sich keiner Entwicklung verschließen. Dr. Norbert Bröcker von Hoffmann Liebs Fritsch & Partner sieht seine Kanzlei auf einem guten Weg und stellt ebenso die Bedeutung von professioneller Beratung heraus – eben weil Rechtsanwälte nicht alle Aufgaben übernehmen könnten.
Thomas Austmann (Austmann & Partner) thematisiert die Unterscheidung von Marke und Berater. „Große Kanzleien können sich nicht auf die Darstellung der einzelnen Rechtsanwälte konzentrieren, sondern müssen eine konstant hohe Beratungsleistung über alle Büros hinweg in den Vor- dergrund stellen. Bei Boutiquen kommt naturgemäß der Beraterpersönlichkeit größere Bedeutung zu.“Austmann ist zudem der Überzeugung, dass die Website keinen Vorteil in der direkten Mandatsakquise erbringe, sondern mehr dazu diene, die Corporate Identity der Kanzlei zu vermitteln; darüber hinaus müsse sie alle technischen Anforderungen erfüllen, die zum Beispiel Google heute als Suchmaschine stelle, damit die Seite auch gefunden werde.
Prof. Marion Halfmann resümiert: „Die Website ist ein nicht zu unterschätzendes Instrument im Marketing von Kanzleien. Auch bei einer persönlichen Empfehlung führt für viele potenzielle Mandanten der erste Weg ins Netz. Und dann zählt der erste Eindruck der Website.“
„Kanzleien müssen ihr Marketing systematisieren und dafür gezielte Budgets einsetzen“ Professionelle Beratung ist wichtig, weil Rechtsanwälte nicht alle Aufgaben übernehmen können