Der Markt eröffnet Chancen,etwadurch die Bildung von Schwerpunkten in den Kanzleien
Früher war es das Berufsrecht, das unter anderem Werbung für Kanzleien einschränkte. Doch das ist Schnee von gestern, die Werbefreiheit ist gelockert worden und auch in Bezug auf das Marketing positionieren sich immer mehr Kanzleien. „Die Anwaltskanzleien sind hier allerdings in unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs. Vernünftige Marketingstrategien benötigen vor allem die kleinen Sozietäten, aber da mangelt es oft an einem Budget“, konstatiert Prof. Dr. Marion Halfmann. Die Professorin für Marketing und Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Rhein-Waal kennt sich auf diesem Themengebiet bestens aus. Sie arbeitet seit Jahren mit Anwälten und Berufsorganisationen zusammen. Im vergangenen Jahr erschien ihr Fachbuch „Marketingpraxis für Anwälte“.
Dabei führt nach ihrer Ansicht kein Weg daran vorbei, dass sich Anwaltskanzleien stärker im Marketing engagieren. „Nur wenige Kanzleien verfügen überhaupt über ein festes Marketing-Budget, so dass nur schwer strategisch geplant werden kann“, erläutert sie. Notwendig sei das aber unter anderem, weil die Konkurrenz unter den Kanzleien in den letzten Jahren stetig gestiegen ist – vor allem Einzelanwälten, die rund 90 Prozent des Marktes ausmachen, gehe es zunehmend schlechter.
Ganz anders bei den Wirtschaftskanzleien in Düsseldorf: „In der Landeshauptstadt gibt es einen großen Markt, immerhin hat Düsseldorf die drittgrößte Anwaltsdichte in Deutschland. Das eröffnet Chancen, etwa durch Spezialisierung oder die Bildung von Schwerpunkten in den einzelnen Wirtschaftskanzleien.“Denn gleichzeitig wächst das Kostenbewusstsein der Mandanten, manche Unternehmen bauen inzwischen auch eigene Rechtsabteilungen auf, auch die Digitalisierung wird Folgen haben. „Darum ist es wichtig, dass Kanzleien sich mit ihrer Marke profilieren und mit einem starken Außenauftritt auf sich aufmerksam machen“, argumentiert die Wissenschaftlerin.
Doch schon bei der OnlinePräsenz hapert es oft, wie die Professorin festgestellt hat. „Manche Webauftritte sind ein wenig langweilig, auch wenn eine seriöse Präsentation in dieser Branche sehr wichtig ist.“Sie rät, den Online-Auftritt so zu gestalten, dass dabei die Kompetenz der eigenen Marke deutlich wird. „Gerichtsurteile, wie sie auf vielen Webseiten zu finden sind, interessieren die Mandanten nicht. Viele Kanzleien betonen zwar zu Recht ihre Fachkompetenz, allerdings vernachlässigen sie oftmals wichtige Aspekte wie Zuverlässigkeit, Engagement und Transparenz bei den Honoraren.“
Außerdem bemängelt sie, dass die Webseiten vieler Wirtschaftskanzleien zu unpersönlich sind. „Puristische und geometrische Form sind derzeit der Renner, bei den kleinen Kanzleien steht oft das Gebäude im Vordergrund. Dabei ist es wichtig, dass Personen präsentiert werden, nur so wird Qualität anfassbar.“Als Kardinalfehler hat sie zudem ausgemacht, dass viele Sozietäten zwar ihre Informationen über das Internet senden, aber oftmals nicht auf Empfang ausgerichtet sind – es gibt zu wenig Möglichkeiten, sich mit Seitenbesuchern direkt auszutauschen.
Wichtig sei das aber unter anderem, um auch den Nachwuchs anzusprechen. „Gerade eine so konservativ aufgestellte Branche hat es natürlich nicht einfach, junge Leute auf sich aufmerksam zu machen. Vor allem, weil viele Berufsanfänger heute ein Unternehmen suchen, in dem sie sich familiär aufgehoben fühlen.“
Die Expertin hat außerdem ermittelt, dass die Marketingabteilungen von Kanzleien auch personell sehr unterschiedlich aufgestellt sind. Mal gibt es keinen festen Ansprechpartner für das Marketing, große Kanzleien wiederum haben sowohl einen Pressereferenten als auch einen Marketingverantwortlichen. Insofern haben Kanzleien im Marketing-Bereich noch viel Potenzial, das sie in den nächsten Jahren ausreizen können.
Prof. Dr. Marion Halfmann arbeitet seit Jahren mit Anwälten zusammen