Mit Richters Schäferhund fing alles an
Im Museum Folkwang ist das gesamte Werk von Gerhard Richters Editionen ausgebreitet und nach zwölf Kapiteln geordnet. Ein wunderbarer Zugang zu seinem riesenhaften Gesamtwerk und ein Tagebuch seiner bewegten Jahre.
ESSEN Als Gerhard Richter aus Schäferhund Wolfi ein Kunstwerk machte, lag die Republikflucht vier Jahre zurück. 1965 saß der Dresdner schon in Düsseldorf und arbeitete an der ersten Edition seines Lebens. Wolfis Foto hatte er im Album von Ehefrau Ema gefunden. Im Siebdruckverfahren wurde die SchwarzWeiß-Aufnahme reproduziert, die noch feuchte Druckerfarbe mit dem Pinsel verwischt. Schlieren legten sich über das Foto. Am Ende wurde es handsigniert. „Richter“steht in Schreibschrift auf der Vorderseite. Acht Mal gibt es den „Hund“, kein Exemplar ist genau wie das andere.
Für seine Flucht gab Richter damals künstlerische Gründe an. Es hatte ihn etwas aufgewühlt während des Westbesuchs, der ihn 1959 zur Documenta führte. Er hatte abstrakte Bilder von Jackson Pollock und Lucio di Fontana gesehen. Er wusste, das war seine Zukunft und nicht der Kunstformalismus des ostdeutschen Staates; bei seinem Dresdner Lehrer entschuldigte er sich.
Erst der Wechsel in den Westen hat Richter den künstlerischen Weg eröffnet, der ihn heute als einen der wichtigsten Maler der Gegenwart dastehen lässt – von Ruhm, Rang und Ruf wie kein zweiter. Das hatte er sich als Student der Düsseldorfer Akademie sicher so nicht erträumt. Zwischen 1961 und 1964 war er die meiste Zeit Meisterschüler von Karl Otto Goetz. In dieser aufrührerischen Zeit interessierte man sich für Politik und Zeitgeschehen, Medien, Konsum und Popkultur. Offiziell beginnt das riesenhafte RichterOeuvre mit exzessiven Bildern dieser frühen 1960er Jahre. Besonders daran war die Verwendung von Fotografien, was ihm, ebenso wie der akademischen Malerei, bis dahin undenkbar erschienen war.
Die Arbeit mit dem Foto, die Untersuchung des Verhältnisses von Foto und Gemälde, beschäftigt ihn bis heute. Anlässlich der aktuellen Schau in Essen sagte der 85-Jährige: „Manchmal denke ich, ich sollte mich nicht Maler nennen, sondern Bildermacher. Ich bin mehr an Bildern interessiert als an Malerei.“
Mit Wolfi begannen die Editionen, in Auflage geschaffene Werke wie Drucke, Fotografien, Objekte oder Gemälde – mehr als 170 an der Zahl. Lange waren solche Arbeiten verpönt, doch ihre Preisentwicklung ging steil nach oben. Editionen sind meist preiswerter als große Gemälde. Doch erreichen Drucke, Poster oder Multiples mehr Men- schen. Editionen sind dazu angetan, die Kunst zu popularisieren – ein wichtiger Aspekt in den 1960er Jahren. Kunst sollte für alle da sein, forderte auch Gerhard Richter, der Jahresgaben für die Kunstvereine spendierte, um Menschen anzustiften zu der Beschäftigung mit Kunst. Auf eine Auflagenbegrenzung pochte der Handel und auf Signaturen, die es nicht immer bei Richter gibt.
Wertschätzung genießen Richters Editionen, die in unterschiedlicher Auflagenhöhe gemacht werden. Bestes Beispiel für eine der rasantesten Steigerungsraten ist die auch