Steuerflüchtige Firmen sind wie Schwarzfahrer
Die Stadt Neuss hat zwar vom Wegzug der Holding des Pharma- und Kosmetikkonzerns Johnson & Johnson einmalig profitiert – durch die Steuern auf die aufgelösten Reserven. Aber auf die künftigen Steuereinnahmen des in Neuss ansässigen Tochterunternehmens Janssen Cilag muss die Stadt verzichten.
Bei aller Freude über den plötzlichen Steuersegen werden jetzt die Neusser Bürger für die öffentlichen Leistungen zahlen, die auch Janssen Cilag zugute kommen. Etwa die örtlichen Straßen, die die Lkw des
Der globale Steuerwettlauf höhlt Länderfinanzen aus. Die Welt sollte sich zumindest auf ein einheitliches System verständigen.
Unternehmens benutzen oder die Verkehrssicherheit, die die Kommune bereitstellt. Dazu kommen die Vorhaltung und die Instandsetzung der Infrastruktur für das Gewerbegebiet, in dem das Unternehmen liegt. Und die anderen Betrieben der Stadt, die Gewerbe- und deutsche Körperschaftsteuer bezahlen, finanzieren die Schulen, Kindergärten und Naherholungsgebieten der Kommune Neuss mit, die die Janssen-Cilag-Mitarbeiter gratis nutzen.
Nimmt man die Leistungen des Landes Nordrhein-Westfalen und des Bundes hinzu, sind auch noch die öffentliche Sicherheit oder die kostenlosen Universitäten zu berücksichtigen. Die Tochter von Johnson & Johnson, die jetzt ihre Steuern in Österreich bezahlt, erhält für das Unternehmen oder die Mitarbeiter diese Leistungen umsonst.
Man kann sagen, dass sich solche Unternehmen wie Trittbrettfahrer in einer Straßenbahn verhalten. Sie nutzen die Beförderung, ohne ein Ticket dafür zu lösen. Und man kann es den Firmen nicht einmal vorwerfen, weil sie lediglich die un- terschiedlichen Steuerregeln ausnutzen.
Das Steuerrecht ist also zu ändern. Auf kommunaler Ebene empfiehlt sich statt der rigiden Gewerbesteuer, die nur den Ertrag berücksichtigt, eine Wertschöpfungsteuer. Im internationalen Kontext sollte die Gewinnsteuer nicht komplett ins Sitzland fließen, sondern entsprechend der Wertschöpfung zerlegt werden. Eine Alternative wäre eine zumindest EU-weite Mindeststeuer. Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de