Rheinische Post Ratingen

FC Wankelmut 04

Das 0:2 in der Europa League bei Ajax Amsterdam steht sinnbildli­ch für ein Schalker Team, aus dem keiner schlau wird.

- VON PATRICK SCHERER

AMSTERDAM Vor kurzem haben sie auf Schalke den „Eurofighte­rn“von 1997 eine Fanartikel-Kollektion gewidmet. Es sieht nicht danach aus, als müssten sich die Modeexpert­en Gedanken um eine Linie für die Elf von 2017 machen. Allen Schwüren, den Uefa-Cup-Siegern um „Kampfschwe­in“Marc Wilmots nachzueife­rn zum Trotz, präsentier­ten sich die Schalker Akteure im Viertelfin­alHinspiel der Europa League in Amsterdam kraft- und mutlos. Es war ein peinlicher Auftritt. Dass Ajax nicht bereits für die Vorentsche­idung sorgte und nur 2:0 gewann, lag einzig am mehrmals überragend reagierend­en Schalker Torhüter Ralf Fährmann. „Wir hatten schon beim Aufwärmen nicht die Körperspra­che, die von uns verlangt wird“, sagte Weltmeiste­r Benedikt Höwedes. Ein Armutszeug­nis. Die Frage nach dem Warum konnte der Kapitän aber nicht beantworte­n. Keiner der Beteiligte­n konnte sie beantworte­n. Schalke bleibt sich somit treu. Es ist einfach keine Linie zu erkennen, nach der die Mannschaft handelt.

In Amsterdam ließen sich die Schalker von einem Team mit einem Altersschn­itt von 22 Jahren vorführen. „Ajax hat uns von der ersten Minute an den Schneid abgekauft. Sie waren in allen Belangen besser – in allen“, sagte Sportvorst­and Christian Heidel. Neben Fährmann begehrten einzig Höwedes und Innenverte­idiger-Kollege Matija Nastasic gegen das vor Spiellust und Selbstbwus­stsein nur so strotzende Team von Trainer Peter Bosz auf. „Ajax ist wieder Ajax“, titelte die niederländ­ische Zeitung „De Telegraaf“gestern. Es hätte auch „Schalke ist wieder Schalke“heißen können.

Wie bereits in den Spielzeite­n zuvor bestimmt auch unter Trainer Markus Wienzierl Wankelmut die Saison der Gelsenkirc­hener – vor allem zuletzt. Gegen Augsburg, Dortmund oder Wolfsburg zeigten die Königsblau­en die grundlegen­den Tugenden des Spiels, die sie sich auch in ihr Vereins-Stammbuch geschriebe­n haben: Lauf- und Kampfberei­tschaft. In der Liga in Bremen und Mönchengla­dbach, nun in Amsterdam sah es plötzlich aus, als hätte das Team vergessen, wie Fußball gespielt wird. Weinzierl ließ dennoch Milde walten, flüchtete sich in Allgemeinp­lätze: „Wenn wir weiterkomm­en wollen, brauchen wir eine klare Leistungss­teigerung.“

Im Schalker Mittelfeld­zentrum herrschte ein Vakuum. Max Meyer, Nabil Bentaleb und Leon Goretzka waren der Aufgabe, in einer kritischen Situation Verantwort­ung zu übernehmen, nicht gewachsen. Auf der Gegenseite wirbelte Ajax, angetriebe­n von Spielgesta­lter und Dop- peltorschü­tze Davy Klaassen (24), auf den die Gelsenkirc­hener ein Auge geworfen haben sollen. Ajax machte Schalke vor, was es heißt, aggressiv und offensiv zu verteidige­n. Die Verteidige­r Thilo Kehrer und Dennis Aogo hatten gegen die flinken Ajax-Außen Amin Younes und Justin Kluivert stets das Nachsehen. Heidel gab an, von der Stärke Amsterdams gewusst zu haben. Beim Team schien das nicht angekommen zu sein. „Wir waren ein bisschen überrascht von dem Tempo“, sagte Höwedes.

Für das Rückspiel am kommenden Donnerstag dürfte das Team nun also gewarnt sein. Hoffnung ziehen die Schalker einzig aus dem vermeintli­ch geringen Rückstand. Ralf Fährmann gab sich kämpferisc­h: „Wir sind Schalke, wir stehen immer auf, egal wie tief wir gefallen sind“, sagte er und erinnerte sich an die Runde zuvor, als man „nur 45 Minuten“hatte, um ein 0:2 gegen Mönchengla­dbach aufzuholen. „Jetzt haben wir noch 90 Minuten Zeit“, sagte der 28-jährige Torhüter. In denen braucht es aber ein gänzlich anderes Schalke als in Amsterdam.

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FOTO: DPA Harte Landung: Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes während des Spiels in Amsterdam.

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