Schalke demontiert Leverkusen
Bei einer erschreckend schwachen Bayer-Truppe gewinnen die Gelsenkirchener mühelos 4:1 und träumen von Europa.
LEVERKUSEN Die Ausgangslage vor dem Auftaktspiel des 31. Spieltags war eindeutig: Wer auch immer das Duell zwischen Bayer 04 Leverkusen und Schalke 04 für sich entscheiden kann, macht einen Schritt heraus aus dem dunkelgrauen Mittelfeld der Tabelle. Für die Werkself ging es im West-Derby darum, sich mit einem Sieg der anhaltenden Relegationssorgen zu entledigen. Dem Ruf, ein „Lieblingsgegner“der Leverkusener zu sein, wurde Schalke diesmal allerdings in keinster Weise gerecht. Im Gegenteil: Die Gelsenkirchener bringen Bayer mit ihrem mühelosen 4:1 (3:0)-Erfolg an den Rand des Abgrunds. Die Situation unterm Bayer-Kreuz ist – man kann es kaum anders ausdrücken – dramatisch. Die gute Nachricht: Es bleibt bei vier Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz. Die schlechte: Die Spiele der anderen Teams aus dem Tabellenkeller kommen noch.
Tayfun Korkut nahm im Vergleich zur 1:2-Schlappe in Freiburg fünf Veränderungen in der Startelf vor: Für Aleksandar Dragovic rückte Tin Jedvaj in die Innenverteidigung, Benjamin Henrichs ersetzte Wendell links in der Viererkette, Kai Havertz musste wegen Abiturprüfungen passen, und Publikumsliebling Stefan Kießling ersetzte den in Freiburg schwachen Chicharito. Außerdem begann der Chilene Charles Aránguiz für Julian Baumgartlinger, und Karim Bellarabi mischte ebenfalls wieder von Beginn an mit.
Leverkusen legte einen der Bedeutung des Spiels angemessenen Auftakt hin: Bellarabi schickte nach 39 Sekunden Julian Brandt, der frei zum Abschluss kam, aber an Ralf Fährmanns Fußabwehr scheiterte. Kevin Volland setzte sich kurz danach mit einer Einzelaktion durch, doch sein Schuss aus etwa 18 Metern ging über das Tor (4.). Auch wenn in der starken Anfangsphase nichts Zählbares heraussprang, zog die Werkself die Fans zumindest vorerst auf ihre Seite. Aber auch der rappelvolle Gästeblock stimmte gerne in den Gesangswettbewerb ein – kurz gesagt: es war von Beginn an ordentlich Stimmung in der BayArena.
Mitten hinein in das kehlige Kräftemessen fiel die Führung für Schal- ke. Leon Goretzka legte quer auf Guido Burgstaller, der nur noch einschieben musste. Viel mehr als ein Steilpass von Nabil Bentaleb auf den Vorlagengeber war nicht nötig, um Bayers Defensive alt aussehen zu lassen. Wenige Minuten später verwertete Weltmeister Benedikt Höwedes eine Ecke zum 2:0 – und es waren nur noch die Schalker Fans zu hören. Den kopfballstarken Innenverteidiger hatte wohl niemand auf dem Zettel. Auch Julian Brandt, der nah dran war, konnte den Torschützen nicht aufhalten. Spätestens nach dem 0:3 bereits in der 18. Minute durch Alessandro Schöpf war klar, dass dieser Abend kein glückliches Ende für Leverkusen nehmen würde.
Dass dann auch noch Ömer Toprak angeschlagen vom Platz musste, passte ins Gesamtbild. Der Kapitän der Werkself hatte sich beim Versuch, den ersten Treffer der Gäste zu verhindern, verletzt. Bis auf Jedvajs halbgefährlichen Versuch, das Ergebnis etwas erträglicher zu gestalten, brachten die Gastgeber vorerst nichts zustande. Schalke hingegen spielte mit der klaren Führung im Rücken souverän und setzte immer wieder Nadelstiche – so wie in der 40. Minute, als Burgstaller Bernd Leno prüfte. Ein gellendes Pfeifkonzert begleitete Bayers desil- lusionierte Profis in die Kabine, begleitet von „Völler raus!“-Rufen.
Bellarabi sendete direkt nach dem Wiederanpfiff ein Lebenszeichen, doch sein Schuss ging am Schalker Tor vorbei. Besser machte es Burgstaller: Freistoß Schöpf, Direktabnahme, 4:0. Die Nordkurve der BayArena war da aber schon längst halbleer. Kießling, der mit einem Kopfball nach Vorlage von Bellarabi den Ehrentreffer erzielte, gelang noch Ergebniskosmetik. An einem ansonsten desaströsen Abend aus Leverkusener Sicht änderte das freilich nicht mehr viel. Die Gäste dagegen dürfen wieder ein klein wenig von der Europa League träumen.