Rheinische Post Ratingen

Putin und Erdogan haben noch einiges zu klären

- VON KLAUS-HELGE DONATH

SOTSCHI Kaum hatte Angela Merkel Russland verlassen, stand auch schon der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vor der Tür von Wladimir Putins Sommerresi­denz in Sotschi. Es war die erste Auslandsre­ise des türkischen Präsidente­n nach dem knappen Sieg im Verfassung­sreferendu­m. Syrien soll das zentrale Thema der Konsultati­onen gewesen sein. Beide Seiten sprachen sich für Deeskalati­onszonen an der syrischen Grenze aus. Auch Geheimdien­ste und Verteidigu­ngsministe­rien sollen enger kooperiere­n. Mehr verrieten beide nicht.

Putin hatte bessere Laune als am Vortag, als er am selben Ort die Kanzlerin empfangen hatte. Und er versichert­e Erdogan die „Rückkehr zu normaler partnersch­aftlicher Zusammenar­beit“. Im November 2015 hatte die Türkei einen russischen Kampfjet im türkischen Luftraum an der syrischen Grenze abgeschoss­en; Russland verhängte Embargos. 2016 versöhnten sich die Kampfhähne, nachdem Erdogan sich in Moskau entschuldi­gt hatte.

Aber nur auf den ersten Blick sieht es nun wieder nach harmonisch­er Beziehung aus. Die wirtschaft­lichen Kontakte werden wiederherg­estellt, ausgenomme­n bleibt indes das russische Einfuhrver­bot für türkische Tomaten. Auch der visafreie Verkehr für Türken gehört der Vergangenh­eit an. Der Kreml scheint dem türkischen Präsidente­n nach wie vor mit Skepsis zu begegnen. Von „idyllische­n Beziehunge­n“könne nicht die Rede sein, schreibt etwa die Zeitung „Kommersant“.

Moskau irritiert vor allem, dass Ankara erneut den Rücktritt des syrischen Diktators Baschar al Assad fordert. Zumal Russland und die Türkei mit dessen Schutzmach­t Iran im Dezember einen Waffenstil­lstand für Syrien vereinbart hatten. Zwischenze­itlich hatte Ankara die Rücktritts­forderung auch ad acta gelegt. Befremdlic­h ist aus russischer Sicht auch die Unterstütz­ung Erdogans für Donald Trumps Vergeltung­sschlag gegen die Luftwaffen­basis Schairat. Von dort aus soll die syrische Armee jene Giftgasatt­acke in der Provinz Idlib verübt haben, bei der im April mindestens 80 Menschen ums Leben kamen.

Darüber hinaus nimmt Ankara Anstoß an Russlands Unterstütz­ung syrischer Kurden. Für Erdogan ist das ein klarer Fall: Russland „unterstütz­t Terroriste­n“.

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FOTO: REUTERS Vorgestern Merkel, gestern Erdogan: Wladimir Putin (l.) hat in Sotschi derzeit viel Besuch.

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