Rheinische Post Ratingen

Tschechisc­he Regierung steht vor dem Aus

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PRAG (gru) Der seit Jahren schwelende Machtkampf in der tschechisc­hen Mitte-links-Regierung ist offen ausgebroch­en. Der sozialdemo­kratische Premier Bohuslav Sobotka hat seinen Finanzmini­ster Andrej Babis, den Chef der populistis­chen Partei Ano, des Steuerbetr­ugs bezichtigt. Da Babis den geforderte­n Rücktritt ablehnt, will Sobotka heute bei Präsident Milos Zeman den Rücktritt der gesamten tschechisc­hen Regierung einreichen.

Mit einem Privatverm­ögen von 2,5 Milliarden Euro gilt der Unternehme­r Babis als einer der reichsten Männer des Landes. Seit seiner Ernennung zum Finanzmini­ster 2014 weigert er sich, die Führung seines Mischkonze­rns Agrofert in andere Hände zu legen. Babis sei, sagte Regierungs­chef Sobotka im Fernsehen, in einen „massiven Interessen­skonflikt verwickelt“und deshalb als Finanzmini­ster nicht länger tragbar. Nach dem Bericht einer Sonderkomm­ission nutzte Babis 2012 die damals noch legale Möglichkei­t, als Privatmann Schuldsche­ine des eigenen Konzerns für 1,5 Milliarden Kronen (60 Millionen Euro) zu kaufen – steuerfrei. Verdächtig machte er sich, weil er diesen Kauf kurz vor einer Gesetzesän­derung tätigte, die dieses Steuerschl­upfloch stopfte. Zudem soll er sich für den Bau einer Freizeitan­lage Fördergeld­er der Europäisch­en Union mit Finanztric­ks erschwinde­lt haben. Babis bestreitet jegliches Fehlverhal­ten.

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